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Faszination Trauma

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  1. 1. Ankommen und Entdecken
    Willkommen: So läuft die Weiterbildung ab
  2. ✍️ Methode: Sicherer Ort
    2 Übungen
  3. 📖 Theorie: Was ist Trauma?
    7 Übungen
  4. ⭐️ Quiz zur 1. Sitzung - Grundlagen
    1 Test
  5. 2. Sitzung: Neuropsychologie - Von Kopf bis Fuß
    📖 Must-Read: Neurobiologie
    3 Übungen
  6. ⭐️ Quiz zum Must-Read: Neurobiologische Grundlagen
    1 Test
  7. ✍️ Methode: Positives Lebensereignis und Kommunikation
    4 Übungen
  8. 🦊 Vertiefung: Neurobiologische Grundlagen
    3 Übungen
  9. 3. Sitzung: Diagnostik - Was genau haben wir denn da?
    📖 Must-Read: Symptome & Diagnostik
    4 Übungen
  10. ⭐️ Quiz zum Must-Read: Symptome & Diagnostik
    1 Test
  11. ✍️ Methodik: Anamnese
    2 Übungen
  12. 🦊 Vertiefung: Kostümparty - Das Trauma in 100 Gestalten
    3 Übungen
  13. 4. Sitzung: Beziehungen und Bindung
    📖 Must-Read: Bindungsforschung
    4 Übungen
  14. ⭐️ Quiz zum Must-Read: Bindungsforschung
    1 Test
  15. ✍️ Methode: Körperliche Trauma-Integration á la Somatic Experiencing
    2 Übungen
  16. 5. Sitzung: Behandlungskonzept und Notfallkoffer
    📖 Must-Read: Phasenkonzept & Stabilisierung
    3 Übungen
  17. ⭐️ Quiz zum Must-Read: Phasenkonzept & Stabilisierung
    1 Test
  18. [Praxis] Anwendung auf Fälle
  19. ✍️ Methode: Trauma-sensibles Yoga
    1 Übung
  20. 6. Sitzung: Teile, Teile, Segen
    📖 Must-Read: Bindungsstörung und Teilearbeit
    3 Übungen
  21. 🦊 Vertiefung: Innere Anteile & die üblichen Verdächtigen
    1 Übung
  22. 7. Sitzung: Traumapädagogik in der Praxis
    Learnings: Das nehme ich mit
    2 Übungen
  23. Dialograhmen: Case Clinics
  24. Abschluss: Mein persönlicher Prozess
  25. Danke & Bis bald!
Lektion 13, Übung 1
In Bearbeitung

Must-Read 1: Bindung – ein Überlebenssystem

Lektion Fortschritt
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Dieses Kapitel behandelt:

  • Grundlegendes über das Bindungssystem
  • Bindungstheorie: Merkmale von Bindung
  • Bonding Attachment
  • 2 Handlungssysteme von Kindern: 🐣 vs. 🦁
  • Bindung vor Bildung
  • Bindungsqualitäten von Säuglingen

Grundlegendes über Bindung 

Das Bindungssystem ist das basalste Motivationssystem von uns Menschen, denn ohne das Bindungssystem wären wir nicht überlebensfähig. Wir brauchen es für die Aufzucht von Nachwuchs, sowie als auch die gegenseitige Unterstützung.

Das Bindungssystem ist ein genetisch festgelegtes Programm, das die Beziehung zwischen Eltern & Kindern, sowie als auch zwischen Erwachsenen prägt. Unsere Bindungsmuster beeinflussen uns tief aus dem Unbewussten heraus und steuern so unsere Beziehung zu uns, und unseren Mitmenschen maßgeblich mit.

Die Bindungsforschung hat unbewusst ablaufende Prozesse untersucht, und u.a. das Konzept der Feinfühligkeit (Must Read 2) und das Stresstoleranzfenster (Must Read 3) hervorgebracht. Beide Modelle können Menschen dabei helfen, Störungen in der Bindungsgestaltung zu erkennen und zu beheben.

Bindungstheorie: Merkmale von Bindung

  • Die Haupt-Bindungsperson muss nicht die leibliche Mutter/Vater sein
  • Die emotionale Bindung des Kindes an die Bindungsperson entsteht nicht durch genetische Verwandtschaft
    → die Person, die den Kindern die feinfühligste Bindungsbeziehung zur Verfügung stellt wird zur wichtigsten Bezugsperson
  • Auch ältere Schüler:innen können Bindungspersonen für jüngere Schüler:innen sein
  • Feinfühligkeit fördert die sichere Bindung
  • Erzieher:innen und Lehrer:innen können auch Bindungspersonen für das Kind sein
  • Kinder können zu verschiedenen Personen unterschiedliche Bindungsmuster zeigen

Bonding & Attachment 

Bonding und Attachment sind die beiden Seiten des Bindungssystems: 

  • Bonding = Bindung der Pflegeperson an das Kind; das Geben von Schutz und Sicherheit
  • Attachment = Bindung des Kindes an die Eltern; das Aufsuchen von Schutz und Sicherheit

Die Bindung ist eine ungleichgewichtige Beziehung. Auf der einen Seite ist das Geben von Schutz seitens der kompetenteren Person (Bonding), und auf der anderen Seite das Aufsuchen von Schutz seitens der schwächeren Person (Attachment). Die Verantwortung für das Gelingen der Beziehung liegt demzufolge bei der kompetenteren Person (in einer Pflegeperson-Kind-Beziehung also die erwachsene Partei).

Von Beziehung spricht man, wenn beide Seiten mehr oder weniger gleichberechtigt sind. Gleichzeitig kann das Verhältnis zwischen Geben und Nehmen immer wieder wechseln, mal gibt die eine Seite mehr, mal die andere.

Achtung: Alle Beziehungen, in denen ein Ungleichgewicht der Kompetenzen besteht sind Bindungsbeziehungen – ob die Betroffenen das wollen, oder nicht. Die Verantwortung für das Gelingen der Beziehung liegt auch hier bei der kompetenteren Person.

Zwei Handlungssysteme: 🐣 vs. 🦁

Jedes Kind hat zwei Handlungssysteme, die wie eine Wippe miteinander verbunden sind, sich gegenseitig bedingen und abwechseln. 

  1. Bindungsverhaltenssystem: Suche nach Schutz im Falle von Gefahr
    → fühlt sich das Kind sich beruhigt und sicher, kommt das andere Handlungssystem zum Einsatz
  2. Explorationsverhaltenssystem: Neugierde, Erkunden und Auseinandersetzung mit der Umwelt
    → die Aufmerksamkeit richtet sich nach außen, das Kind will entdecken
    → kommt es draußen in der Welt zu Gefahr, kommt das Bindungssystem zum Vorschein und sucht wieder Schutz

Dieser Wechsel ist evolutionsbiologisch vorprogrammiert, damit Kinder sich einerseits nicht zu lange in Gefahr begeben (1), und andererseits durch Neugierde und Entdeckergeist alles lernen, was sie für’s Leben brauchen (2).

Man kann sich die inneren Anteile des Kindes bildhaft vorstellen:

  • Jedes Kind hat einen inneren Löwen 🦁, der die Welt entdecken möchte (Explorationsverhaltenssystem)
  • Jedes Kind hat auch ein inneres Küken 🐣, dem Sicherheit wichtig ist (Bindungsverhaltenssystem)

Bindung kommt vor Bildung 

Untersuchungen haben gezeigt, dass eine sichere Bindung die Voraussetzung für das Lernen darstellt:

  • Sicher gebundene Kinder erkunden die Welt offener und neugieriger die Welt
  • Je beruhigter das Küken, desto besser kann der kleine Löwe explorieren
  • Eine sichere Bindung ist der beste Vorhersagefaktor für die Intelligenzentwicklung
  • Viele Untersuchungen im Schulbereich haben gezeigt, dass die Qualität der Bindungsbeziehung der wichtigste Faktor für den Lernfortschritt der Kinder ist

Bindungsqualitäten von Säuglingen

Säuglinge können je nach Umfeld und Qualität der Pflege verschiedene Bindungsqualitäten aufweisen. Hier siehst du eine typische Verteilung der Bindungsqualität für Säuglinge mit 12 Monaten:

  • Sicher gebunden (60-65%)
    → Die Säuglinge vertrauen darauf, dass sie Hilfe bekommen, wenn sie welche brauchen
    → Sie können sich Hilfe holen
  • Unsicher gebunden (40-35%)
    • vermeidend (20-25%)
      → Der »kleine Löwe« 🦁 ist übermäßig stark ausgeprägt; die Säuglinge versuchen alleine zurecht zu kommen
      → Das kann nach außen hin so wirken, als ginge es ihnen gut; tatsächlich weisen sie aber ein hohes Stresslevel (hoher innerer Kortisolspiegel) auf
    • ambivalent (5-10%)
      → Die Kinder sind überängstlich, der »kleine Löwe« 🦁 kann zu wenig die Führung übernehmen
      → Die Kinder haben Angst, was alles passieren könnte und versuchen sich schon vorher Hilfe zu organisieren
    • desorganisiert (10-15%) – Übergangsmuster zur Psychopathologie
      → Ein desorganisiertes Bindungsmuster kann durch traumatisierte Eltern ausgelöst werden, die widersprüchliche Botschaften aussenden: z.B. verbal: »komm her«; aber körpersprachlich: »geh weg«
      → Die Kinder können auf die Verwirrung mit bizarren Verhaltensmustern aus der Trauamverarbeitung reagieren
      Bindungsstörungen entwickeln sich

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