Das Bewusstsein ist eines der faszinierendsten und zugleich rätselhaftesten Phänomene der Natur. Wie entsteht Bewusstsein aus den materiellen Prozessen im Gehirn? Welche neuronalen Mechanismen sind für das Bewusstsein verantwortlich?
In diesem Text werden einige der wichtigsten Bewusstseinsmodelle vorgestellt, die versuchen, diese Fragen zu beantworten. Die Modelle lassen sich grob in zwei Kategorien einteilen:
- Neurowissenschaftliche Modelle: Diese Modelle versuchen, das Bewusstsein auf der Grundlage der Funktionsweise des Gehirns zu erklären.
- Spekulative und spirituelle Modelle: Diese Modelle gehen davon aus, dass das Bewusstsein mehr ist als die Summe seiner Teile und dass es eine fundamentale Eigenschaft des Universums oder der Realität ist.
Wissenschaftliche Bewusstseinsmodelle
1. Integrated Information Theory (IIT)
Entwickelt von Giulio Tononi, postuliert die IIT, dass Bewusstsein als ein System verstanden werden kann, das in der Lage ist, Informationen auf eine integrierte Weise zu verarbeiten. Kernkonzept: Die Theorie stellt ein Maß zur Quantifizierung des Bewusstseins bereit, bekannt als Φ (Phi), das die Integration von Informationen in einem Netzwerk misst.
Die Dynamic Core Hypothesis, entwickelt von Gerald Edelman und Giulio Tononi, schlägt vor, dass das Bewusstsein aus einem dynamischen Kern synchronisierter neuronaler Aktivitäten im thalamokortikalen System entsteht. Bewusstsein ist mit der Integration von Informationen in einem kohärenten und flexiblen Netzwerk verbunden.
Predictive Coding fügt hinzu, dass das Gehirn kontinuierlich Vorhersagen über sensorische Eingaben macht und diese anpasst. Diese Modelle können als unterschiedliche Ebenen der Informationsverarbeitung betrachtet werden, die gemeinsam zur bewussten Erfahrung führen.
Diese von Bernard Baars vorgeschlagene Global Workspace Theory (GWT) sieht das Bewusstsein als einen globalen Arbeitsraum, in dem Informationen aus verschiedenen kognitiven Prozessen zusammenlaufen und für das bewusste Erleben zugänglich gemacht werden. Die GWT wird oft in der Kognitionsforschung verwendet, um zu erklären, wie das Bewusstsein Informationen auswählt und verarbeitet. Dazu passen die folgenden Bewusstseinsmodelle über Meta-Kognition.
2. Meta-Kognition und Aufmerksamkeit
Die Higher-Order Thought Theory postuliert, dass ein mentaler Zustand bewusst wird, wenn er Gegenstand eines höheren Ordnungsgedankens ist. Mit anderen Worten, wir sind uns eines Gedankens bewusst, wenn wir einen Gedanken über diesen Gedanken haben. David M. Rosenthal ist einer der Hauptbefürworter dieser Theorie, die die Rolle der Meta-Kognition – also des Denkens über das Denken – im Bewusstseinsprozess betont.
Die Attention Schema Theory (AST) entwickelt von Michael Graziano, schlägt vor, dass das Bewusstsein ein Konstrukt des Gehirns ist, das die Aufmerksamkeit modelliert. Das Gehirn erstellt ein Modell seiner eigenen Aufmerksamkeitsprozesse, was zu einem Bewusstsein des eigenen Bewusstseins führt. AST verbindet kognitive Modellierung mit neuronalen Mechanismen der Aufmerksamkeit und erklärt, wie das Gehirn Bewusstseinszustände generieren könnte.
Beide Modelle betonen die Rolle höherer kognitiver Prozesse. HOT fokussiert auf das Denken über Gedanken (Meta-Kognition), während AST die Aufmerksamkeit modelliert. Beide Prozesse könnten gemeinsam erklären, wie das Gehirn bewusste Zustände erzeugt, indem es sowohl Aufmerksamkeit als auch Selbstreflexion integriert.
3. Embodied Cognition
Embodied Cognition betont, dass kognitive Prozesse nicht nur im Gehirn, sondern im gesamten Körper und seiner Interaktion mit der Umwelt verankert sind. Francisco Varela und Alva Noë sind wichtige Figuren dieser Bewegung. Bewusstsein entsteht aus der dynamischen Interaktion zwischen Gehirn, Körper und Umwelt.
4. Neuronale Korrelate
Die Neural Correlates of Consciousness (NCC) konzentrieren sich darauf, spezifische neuronale Strukturen und Aktivitäten zu identifizieren, die mit bewussten Erfahrungen korrelieren. Christof Koch und Francis Crick haben bedeutende Beiträge in diesem Bereich geleistet. Diese Theorie zielt darauf ab, Gehirnareale und -muster zu identifizieren, die direkt mit Bewusstsein verbunden sind, um zu verstehen, wie das Gehirn bewusste Erlebnisse generiert.
Spekulative und spirituelle Bewusstseinsmodelle
Quantenbewusstsein über Orchestrated Objective Reduction (Orch-OR)
Die Theorie des Quantenbewusstseins schlägt vor, dass quantenmechanische Phänomene, wie die Verschränkung, eine Rolle in den neuronalen Prozessen des Gehirns spielen könnten. Roger Penrose und Stuart Hameroff sind bekannte Befürworter dieser Theorie, die behaupten, dass Mikrotubuli in Neuronen die Basis für Quantenprozesse im Gehirn bilden könnten.
Panpsychismus in der Philosophie
Panpsychismus ist die Ansicht, dass Bewusstsein eine fundamentale und allgegenwärtige Eigenschaft des Universums ist und dass selbst einfache Materie eine Form von Bewusstsein besitzt. Philosophen wie David Chalmers haben Argumente für eine Form des modernen Panpsychismus vorgebracht, die mit grundlegenden physikalischen Gesetzen vereinbar sein könnte.
Buddhistische und östliche Perspektiven
Viele östliche Traditionen betrachten das Bewusstsein nicht nur als Funktion des Gehirns, sondern als eine fundamentale Eigenschaft der Existenz. In der Praxis: Meditation und Achtsamkeit werden als Mittel angesehen, um das Bewusstsein zu erkunden und zu erweitern, was zu tieferen Einsichten in die Natur des Selbst und der Realität führen kann.
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