Die Brandenburgische Technische Universität Cottbus-Senftenberg (BTU) spielt eine führende Rolle im Strukturwandel der Lausitz, konkret für die Energiewende und Dekarbonisierung. Dieser Text beleuchtet, wie sich eine kritische Masse an Akteuren in der Region Cottbus versammelt hat und welche Rolle die BTU in diesem dynamischen Netzwerk einnimmt.
Topologische Hinführung
Der Strukturwandel in der Lausitz ist nicht leicht zu verstehen aufgrund seiner schmerzhaft hohen Komplexität.
- Strukturwandel, Energiewende und Kohleausstieg bilden einen dynamischen Transformationsprozess, von dem naturgemäß niemand weiß, wie und über welche Formen er genau ablaufen wird.
- Sehr viele Stakeholder sorgen für undurchsichtige Strukturen: Wissenschaftliche Institutionen, sehr große und viele kleinere Unternehmen, politische Akteure von UN bis Wählergemeinschaft, Behörden, Infrastrukturbetriebe und Zivilbevölkerung einen riesigen gordischen Knoten, welcher nur mühselig aufzudröseln ist.
- Viele Fakten- und Funktionsebenen sind nötig, um die Gemengelage des Strukturwandels in der Lausitz zu beschreiben.
- Globalisierung und Klimawandel: die Energiewende hat den globalen Klimawandel als zentrale Ursache, dessen Verständnis sowohl meterologisches und physikalisches Wissen voraussetzt, ebenso wie die politischen Dynamiken der Völker der Erde zur kooperativen Entscheidungsfindung über Klimaschutzmaßnahmen.
- Geographische Lage: die brandenburger Lausitz liegt im äußersten Osten der BRD, grenzt an Polen und die sächsische Lausitz, hat eine relativ geringe Bevölkerungsdichte und ist über alle dominanten Verkehrslinien mit der Bundeshauptstadt Berlin verbunden. Landschaftlich ist die Lausitz geprägt von Baggerseen, Spreefließen und Kiefern- und Fichtenwäldern.
- Die regionale Wirtschaft ist gekoppelt an die nationale und weltweite Wirtschaft und war in der jüngeren Geschichte der Lausitz stark zentriert auf die Kohleindustrie mit der LEAG als zentralen Kohlekonzern.
- Regionale Kultur: Die Lausitz ist noch immer geprägt durch die historische Entwicklung von der industriellen Landwirtschaft, Kohletagebau, DDR, Wiedervereinigung – und damit Verlust von Arbeitsplätzen, Abwanderung, aber auch dem Aufbau Ost, der Entstehung vieler neuer kultureller Einrichtungen – und nun dem Kohleausstieg. Eine regionale Besonderheit ist die anerkannte ethnische Minderheit der Sorben. Ikonen sind Gerhard Gundermann und Erwin Strittmatters Laden.
- Demografie: die Bevölkerung der Lausitz ist seit 1990 um 20% geschrumpft und im Querschnitt um 10 Jahre gealtert. Dies geht einher mit Fachkräftemangel, Belastung der Sozialsysteme und Wohnungsleerstand. Die Lausitz hat 1,1 Millionen Einwohnern und eine Bevölkerungsdichte von 100 Einwohnern je km², welche weniger als halb so groß ist wie der deutsche Bundesdurchschnitt. Noch immer gibt es eine netto-Abwanderung, mit Immigration hauptsächlich aus Osteuropa.
- Die politische Exekutive wirkt über Bundesregierung, Bundesministerien, Landesregierung, Landesministerien, Landkreisen, Landkreistag und Kommunen an der Region – ach, und natürlich die EU-Kommission – und dann gibt es ja noch die Legislative und die Judikative…
- Das Bildungsniveau ist deutlich geringer als der Bundesdurchschnitt, gemessen am Bevölkerungsanteil der Abiturienten, Hochschulabschlüsse, Akademikerjobs und in der Entwicklung seit 1990.
- Zeitgeist: Neben Globalisierung und Klimawandel beherrschte jüngst noch die Covid19-Pandemie die gesellschaftlichen Debatten. Die AfD erreicht nationale Spitzenquoten, vielleicht aufgrund der Demografie, der DDR-Historie, des Bildungsniveaus und der Überforderung ob der Globalisierung und des Strukturwandels.
- Das Wissenschaftssystem hat seine eigenen Logiken, über den empirischen Wissenschaftsprozess, die prekären, zeitlich befristeten Arbeitsverhältnisse von Forschenden über Publikationsdruck bis hin zu der Verzahnung von Forschung & Lehre, dazu gehört auch die aktuelle Konkurrenzsituation von Hochschulen um Fördermittel und Studenten aufgrund sinkender Studierendenzahlen, wofür eine Profilbildung der Hochschulen sinnvoll ist, ähnlich dem Branding und der Marktpositionierung von Unternehmen.
- Förderstrukturen der Länder und des Bundes sind institutionell und rechtlich schwer zu durchsteigen mit Gesetzgebung auf beiden Ebenen. Die Entscheidung über die Vergabe der Mittel aus den Fördertöpfen sind mal Bundestag, mal Bundesministerien, mal Landesministerien, mal Projektträger zur Kanalisierung verantwortlich.
All die Akteure auf all diesen Ebenen tanzen auf ihre eigene Art und Weise vor und hinter dem Vorhang auf dem eklektischen Parkett des Strukturwandels. Sie drehen ihre Pirouetten und stoßen aneinander. Manche wissen gar nicht, dass sie mittanzen, manche bewegen sich so langsam als würden sie stehen und manche fühlen sich ausgeschlossen und pöbeln rum. Die BTU ist darin der strategische Choreograf, der die Bewegungen der Tänzer koordiniert und neue Choreographien entwickelt, um den Tanz harmonischer und effektiver zu gestalten. Während einige Tänzer unkoordiniert ihre eigenen Schritte machen und andere kaum in Bewegung kommen, bringt die BTU durch ihre Führungsrolle Struktur und Richtung in das Geschehen. Sie entwickelt innovative Techniken und Ansätze, die den Tanz des Wandels voranbringen und die Tänzer motivieren, sich in synchroner Harmonie zu bewegen. Die BTU erkennt diejenigen, die am Rande stehen und sich ausgeschlossen fühlen, und arbeitet daran, auch sie in den Tanz zu integrieren, um eine inklusive und kollektive Bewegung zu fördern. In diesem dynamischen und oft chaotischen Tanz des Strukturwandels zielt die BTU darauf ab, die gesamte Performance in eine kohärente und zukunftsorientierte Darbietung zu verwandeln.
Universitäten als Manager der Dekarbonisierung
Nicht nur in der Lausitz spielt die Universität eine wichtige Rolle bei der Gestaltung des regionalen Transformationsprozesses hin zu einer nachhaltigen Zukunft. Es gibt viele weitere Regionen, deren Wirtschaft und Kultur durch die Dekarbonisierung stark im Wandel sind. Hier sind weitere Beispiele aus aller Welt:
1. Ruhrgebiet, Deutschland:
- Die Technische Universität Dortmund und die Ruhr-Universität Bochum haben gemeinsam das „Centrum für Kohlenforschung“ gegründet, um neue Technologien für die Kohlenutzung mit geringeren CO2-Emissionen zu entwickeln.
- Die Universität Duisburg-Essen forscht an alternativen Energiesystemen und Energiespeicherung.
2. Pittsburgh, USA:
- Die Carnegie Mellon University hat ein „Green Energy Center“ gegründet, um Forschung und Lehre im Bereich der erneuerbaren Energien zu fördern.
- Die University of Pittsburgh arbeitet mit lokalen Unternehmen und Gemeinden zusammen, um die Dekarbonisierung der Stadt voranzutreiben.
3. Glasgow, Schottland:
- Die University of Glasgow hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2030 klimaneutral zu werden und spielt eine wichtige Rolle bei der Dekarbonisierung der Stadt.
- Die Strathclyde University forscht an neuen Technologien für die Kohlenstoffabscheidung und -speicherung.
4. Katowice, Polen:
- Die Schlesische Technische Universität ist ein führendes Forschungszentrum für Bergbau und Energie und arbeitet an der Entwicklung neuer Technologien für die Dekarbonisierung der Bergbauregion.
- Die Universität Jagiellonen forscht an den sozialen und wirtschaftlichen Auswirkungen des Klimawandels und der Dekarbonisierung.
5. Laixi, China:
- Die Shandong University of Science and Technology hat ein „Green Technology Research Institute“ gegründet, um Forschung und Lehre im Bereich der Umwelttechnologien zu fördern.
- Die Ocean University of China forscht an Offshore-Windenergie und anderen erneuerbaren Energien.
Kritische Masse an Institutionen
Cottbus entwickelt sich aufgrund seiner geografischen Lage und historischen Industrieprägung zu einem Zentrum für Forschung und Entwicklung im Bereich der erneuerbaren Energien und CO2-Reduktion. Eine Vielzahl von Forschungsinstituten und Unternehmen bilden eine kritische Masse, die durch das Lausitz Science Network und andere regionale Initiativen unterstützt wird:
- BTU (Brandenburgische Technische Universität Cottbus-Senftenberg): Zentraler Akteur in der Forschung zu Energiewende und Dekarbonisierung.
- DLR (Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt): Führt Forschungen im Bereich der erneuerbaren Energien durch.
- Fraunhofer-Gesellschaft:
- Fraunhofer-Einrichtung für Energieinfrastrukturen und Geothermie: Spezialisiert auf geothermische und andere erneuerbare Energietechnologien.
- Fraunhofer-Institut für Angewandte Polymerforschung: Entwickelt Materiallösungen für Energieanwendungen.
- Fraunhofer-Institut für Photonische Mikrosysteme: Arbeitet an Technologien zur Energieeffizienz.
- IHP (Leibniz-Institut für innovative Mikroelektronik) und FBH (Ferdinand-Braun-Institut, Leibniz-Institut für Höchstfrequenztechnik): Forschen an mikroelektronischen Lösungen für Energieanwendungen.
- BBSR (Bundesinstitut für Bau-, Stadt-, und Raumforschung, Kompetenzzentrum Regionalentwicklung Cottbus): Fokussiert auf nachhaltige städtische und regionale Entwicklung.
- KEI (Kompetenzzentrum Klimaschutz in energieintensiven Industrien) und PtX Lab Lausitz: Engagieren sich für die Entwicklung von Technologien zur CO2-Reduktion und nachhaltigen Energieerzeugung.
- Lausitz Science Network: Alle oben genannten Institutionen sind Teil dieses Netzwerks, das die Koordination und Zusammenarbeit zwischen den Akteuren fördert und als Katalysator für Forschung und Entwicklung in der Region dient.
Empirische Orientierungspunkte für Universitäten als Akteure der Energiewende
Die folgende Analyse zeigt Schlüsselfaktoren für die erfolgreiche Profilbildung von Universitäten im Bereich der Energiewende und Dekarbonisierung. Basierend auf aktuellen Studien und empirischen Daten werden die wichtigsten Wirkungsfaktoren identifiziert und ihre Effektstärken mit Hilfe von KI geschätzt.
Wirkungsfaktor | Beispielinstitution | Effektstärke (Cohen’s d) |
Forschungskompetenz und -fokus | Fraunhofer ISE | 0.85 |
Kooperationsnetzwerke | Toronto-Northwestern Decarbonization Alliance | 0.75 |
Politische und finanzielle Unterstützung | Horizon 2020, NIP | 0.80 |
Bildungsprogramme und Talentförderung | University of Kassel, ETH Zürich | 0.70 |
Regionale Integration und gesellschaftliche Wirkung | BTU Cottbus-Senftenberg | 0.90 |
Erklärung der Wirkungsfaktoren im Detail:
- Forschungskompetenz und -fokus: Universitäten mit spezialisierten Forschungszentren, wie das Fraunhofer ISE, spielen eine entscheidende Rolle in der Entwicklung innovativer Technologien und Lösungen für die Energiewende. Diese Institute sind oft führend in der Forschung zu erneuerbaren Energien, Energieeffizienz und nachhaltigen Technologien. Quelle
- Kooperationsnetzwerke: Die Zusammenarbeit in Netzwerken, wie das Lausitz Science Network oder die Toronto-Northwestern Decarbonization Alliance, ermöglicht den Wissensaustausch und die gemeinsame Entwicklung neuer Technologien. Diese Netzwerke stärken die Innovationskraft und helfen, die Herausforderungen der Dekarbonisierung effizienter zu bewältigen. Quelle
- Politische und finanzielle Unterstützung: Programme wie Horizon 2020 und das Nationale Innovationsprogramm Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie (NIP) bieten wichtige finanzielle und politische Unterstützung für Forschung und Entwicklung. Diese Programme sind entscheidend für die Umsetzung großer Projekte und die Förderung der Energiewende. Quelle
- Bildungsprogramme und Talentförderung: Innovative Bildungsprogramme an Universitäten wie der University of Kassel und der ETH Zürich bereiten die nächste Generation von Fachkräften auf die Herausforderungen der Energiewende vor. Diese Programme sind darauf ausgerichtet, Studierende mit den neuesten Technologien und Methoden vertraut zu machen. Quelle
- Regionale Integration und gesellschaftliche Wirkung: Die BTU Cottbus-Senftenberg zeigt, wie wichtig die regionale Integration und die Zusammenarbeit mit lokalen Akteuren sind. Durch Projekte wie das Referenzkraftwerk Lausitz (RefLau) trägt die Universität nicht nur zur wissenschaftlichen Entwicklung bei, sondern auch zur wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Transformation der Region. Quelle
Die Analyse zeigt, dass die erfolgreiche Profilbildung von Universitäten im Bereich der Energiewende und Dekarbonisierung von einer Kombination aus spezialisierter Forschung, starken Netzwerken, politischer und finanzieller Unterstützung, innovativen Bildungsprogrammen und regionaler Integration abhängt. Diese Faktoren ermöglichen es den Universitäten, nicht nur wissenschaftliche Durchbrüche zu erzielen, sondern auch als Katalysatoren für die regionale und globale Transformation zu wirken.