Coaching-Glossar

Dieses Glossar enthält wichtige Konzepte rund ums Coaching, insbesondere: Methoden, Neurobiologische Korrelate, Prinzipien, Theorien & Modelle, Coaching- und Psychotherapie-Methoden.

Konzepte, Prinzipien und Phänomene im Coachings

Allianz: Verbündung zwischen Coach und Klient zur positiven Entwicklung des Klienten

Behaviorismus: Strömung der Psychologie vom Beginn des 20. Jahrhunderts, die das äußere Verhalten eines Menschen als allein-wesentlich ausschlaggebend für dessen Wohl definiert und innere Prozesse wie Gefühle und Gedanken als Folge des äußeren Verhaltens deutet. Gilt als überholt.

Coach (m/w/d): wendet Coaching für Klienten an. Wortherkunft “Kutscher”, der den Klienten entlang eines Weges fährt. Nicht Psychotherapeut, darf nicht Psychotherapie anwenden, keine Heilsversprechen geben, keine Diagnosen erstellen. Darf aber konzeptionell die Methoden aus Kommunikationswissenschaft, Systemtheorie und auch die Techniken aus Psychotherapie übernehmen, um bei persönlichen, familiären oder beruflichen Herausforderungen zu helfen.

Coachee (m/w/d): Klient, erfährt Coaching durch Coach.

Dissoziation: Entweichen der Aufmerksamkeit weg von unangenehmen Themen hin zu Ablenkungen wie Flashbacks, Tagträumen, eigentlich gerade irrelevanten Themen.

Flashback: (dt. Nachhallerinnerung) ist ein plötzliches Wiedererleben eines früheren Ereignisses oder Gemütszustands

Gegenübertragung: der Effekt, den der Klient auf die Psyche des Coaches ausübt

Hyperarousal: Zustand überhöhter Aktivierung (Kampf/Flucht). Gekennzeichnet durch dominante Amygdala-Aktivität, erhöhten Sympathikus und eingeschränkte präfrontale Kontrolle.

Hypoarousal: Zustand verminderter Aktivierung (Erstarren/Shutdown). Gekennzeichnet durch reduzierte kortikale Aktivität, geringe Körperwahrnehmung und parasympathische Dämpfung.

Posttraumatisches Wachstum (engl. Post-Traumatic Growth, kurz PTG) bezeichnet die positive psychologische Entwicklung nach einer extrem belastenden oder traumatischen Erfahrung.

Präsenz: bewusste Aufmerksamkeit im gegenwärtigen Moment.

Prozess: beschreibt die zeitliche Entwicklung eines individuellen oder sozialen Phänomens, insbesondere: den Coaching-Prozess zwischen Coach und Klient, den psychologischen Entwicklungsprozess der Erfahrungen und Fähigkeiten des Klienten.

Psychoanalyse: ursprüngliche, von Sigmund Freud, entwickelte Form der Psychotherapie, die auf Heilung des Patienten durch Reden und Exploration der persönlichen Ursachen seines Leidens beruht – im Unterschied zu rein organischer, medikamentöser Behandlung.

Rapport: vertrauensvoll geteilte Aufmerksamkeit zwischen Coach und Klient.

Retraumatisierung: das Wachrufen einer früheren Traumatisierung, welches erneut eine seelische Wunde auslöst und damit selbst der Erfahrung eines Traumas entspricht.

Sicherheitsanker: Der Coachee wählt Ressourcen, die ihm Sicherheit geben. Typische körperliche Sicherheitsanker sind die Atmung, die Füße, Hände, Unterarme. Effektive Ressourcen sind frühere erfolgreiche Bewältigung von Herausforderungen. Die Methode “Innerer sicherer Ort” schafft einen geistig-visuellen Sicherheitsanker in Form eines imaginativen Orts.

Übertragung: Projektionen, die der Patient auf den Coach aus fremden Kontexten überträgt, wie Geschwister, Partner, Elternteil, Kollege etc.

Utilisation: Nutzung der aktuellen Probleme für die Entwicklung des Klienten

Toleranzfenster: Kapazität zur Reizverarbeitung des Klienten, vor allem bezüglich Angst und Stress auslösenden Reizen. Wird diese Kapazität überschritten, kommt es zu Überforderung, Verletzung oder Dissoziation.

Trauma: seelische Verletzung, die sich auf das Leben des Klienten auswirkt

Trigger: Reize, die Überforderung, Dissoziation oder Retraumatisierung auslösen.

Verhaltenstherapie: Psychotherapie-Form, die auf Verhaltensänderung des Patienten abzielt

Ziel: Beschreibt einen möglichen Wunsch-Zustand in der Zukunft. Wichtiger Motivationsfaktor im Coaching.

Coaching-Techniken und -Methoden

Anamnese: Fallklärung über das zentrale Anliegen des Klienten

… zum Methodenkoffer

… zur Navigation, welche Coaching-Methoden für welchen Anlass passt

Neurobiologische Korrelate

Amygdala: auch “Mandelkern”, im limbischen System; bewertet Reize blitzschnell auf Bedrohung und löst Stressreaktionen (Fight, Flight, Freeze) aus. Prägt emotionale Erinnerungen.

Anteriorer cingulärer Cortex (ACC) liegt an der Innenseite der Großhirnhemisphäre; beteiligt an Schmerzverarbeitung (eigen und „mitgefühlt“), Konflikterkennung und Emotionsregulation. Zentral für das Erleben von innerer Spannung und die Bereitschaft, etwas zu verändern.

Autonomes Nervensystem (ANS): Reguliert unwillkürliche Körperfunktionen. Besteht aus Sympathikus (Aktivierung) und Parasympathikus (Beruhigung).

Bottom-up-Signale: Körper- und Emotionssignale aus subkortikalen und autonomen Systemen, die das Erleben prägen.

Default Mode Network (DMN) ist als Gehirnnetzwerk zuständig für: Selbstbild, Grübeln, autobiografisches Denken, Zukunftssimulation. Im Coaching wichtig für: Identität, Narrative, Werte, Vision.

Executive Control Network (ECN) ist eines der drei wichtigsten funktionalen Netzwerke des Gehirns (neben DMN und SN). Es ist zuständig für Planung, Fokus, Impulskontrolle. Im Coaching hilft es zur Zielfindung, Entscheidung, Verantwortungsübernahme, Mut zum Handeln.

Fight, flight, freeze: instinktive Reaktionen auf als bedrohlich empfundene Reize.

Herzratenvariabilität (HRV): Maß für die Flexibilität des autonomen Nervensystems. Hohe HRV korreliert mit guter Selbstregulation und stabilem Toleranzfenster.

Hippocampus: Struktur für Gedächtnis und Kontextualisierung. Verknüpft aktuelle Erfahrung mit Zeit- und Ortsbezug; bei Trauma oft funktionell eingeschränkt.

Hypothalamus: Kleine Schaltzentrale tief im Gehirn unter dem Thalamus. Verbindet das Gehirn mit dem Hormonsystem (Hypophyse) und steuert Grundfunktionen wie Stressreaktionen, Hunger, Durst, Schlaf, Körpertemperatur, Sexualität und Bindung. Über den Hypothalamus werden das autonome Nervensystem (Sympathikus/Parasympathikus) und die Ausschüttung von Stresshormonen (v. a. Cortisol über die HPA-Achse) reguliert. Wird von Amygdala angesteuert.

Inferiorer Parietallappen (IPL): Bereich im unteren Scheitellappen; verknüpft visuelle, motorische und räumliche Informationen. Beteiligt am Nachvollziehen von Handlungen anderer und an der Perspektivübernahme im Raum („Wo ist der andere, was tut er?“).

Insula: Verborgene Hirnregion tief in der Großhirnrinde; übersetzt innere Körpersignale (Herzschlag, Magen, Atmung) in bewusste Gefühle. Wichtig für Körperwahrnehmung, Ekel, Mitgefühl und das Erspüren von Spannungen und ob etwas „stimmig / nicht stimmig“ ist.

Kontakt: Teil der Aufmerksamkeit, der sich mit dem aktuell relevanten Phänomen befasst und nicht dissoziiert.

Limbisches System ist die Quelle emotionaler Energie, vor allem negativer wie Angst, Stress, aber auch Energie für Motivation (Energie in Form von elektrischer Aktivität, Schwingungen und verbrauchtem Stoffwechsel bei starker emotionaler Erregung).

LTP  (Long-Term Potentiation) ist der grundlegende Lernmechanismus des Gehirns. Synapsen werden durch wiederholte Aktivierung dauerhaft verstärkt („neurons that fire together wire together“, Hebb’sche Lernregel).

Oxytocin ist ein Bindungshormon und spielt eine zentrale Rolle für die Allianz zwischen Coach und Klient, Vertrauen und emotionale Sicherheit.

Parasympathikus: Beruhigungszweig des ANS. Unterstützt Regeneration und soziale Verbundenheit.

Präfrontaler Cortex:

  • Medialer präfrontaler Cortex (mPFC): Mittig gelegener Teil des Stirnhirns; wichtig für Selbstreflexion, Mentalisieren („Was denkt/fühlt der andere?“) und moralische Bewertung. Zentrale Struktur für kognitive Empathie und Selbstbild.
  • Dorsolateraler präfrontaler Cortex (dlPFC): Seitlich oben im Stirnhirn; zuständig für Arbeitsgedächtnis, Planung, kognitive Kontrolle und Impulshemmung. Hilft, Gefühle in Handlungspläne zu übersetzen und nicht „aus dem Affekt“ zu reagieren.
  • Ventrolateraler präfrontaler Cortex (vlPFC): Seitlich unten im Stirnhirn; wichtig für kognitive Umstrukturierung und Reappraisal (Neubewertung von Situationen). Unterstützt, belastende Gedanken zu hinterfragen und alternative Deutungen zu finden.
  • Ventromedialer präfrontaler Cortex (vmPFC): Mittig im unteren Stirnhirn; verknüpft Emotion, Wert und Entscheidung. Bewertet die persönliche Bedeutsamkeit von Optionen („Was fühlt sich richtig an?“) und spielt eine Rolle bei Empathie und moralischem Urteilen.

Salience Network (SN) ist ein Gehirnnetzwerk und steuert den Wechsel zwischen DMN und ECN. Unterstützt Klarheit, Prioritäten, „Was ist jetzt wirklich relevant?“. Besteht vor allem aus anteriorer Insula und dorsalen ACC.

Sympathikus: Aktivierungszweig des ANS. Ermöglicht Handlungsenergie; Dominanz führt zu Hyperarousal.

Vagusnerv (kurz Vagus): Hauptnerv des Parasympathikus; verbindet Gehirn mit Herz, Lunge, Verdauung und anderen Organen. Reguliert Ruhe, Verdauung und soziale Beruhigung („Social Engagement System“). Zentral für Co-Regulation, Entspannung und das Gefühl von Sicherheit in Beziehungen.

Top-down-Regulation: Einfluss höherer kortikaler Areale (v. a. PFC) auf emotionale und körperliche Reaktionen.

Rechtliche Konzepte

Abstinenzgebot: Prinzipien zur Sicherheit des Klienten vor egoistischem Verhalten des Coaches. Verbietet dem Coach insbesondere freundschaftliche, romantische, erotische oder wirtschaftliche Interaktionen mit dem Klienten einzugehen. Im strengeren Sinne heißt Abstinenz auch, das Coaching auf den Klienten-Nutzen zu zentrieren und nicht etwa für die eigene Neugier oder die eigenen Lieblingsthemen das Gespräch vom Coaching-Auftrag abzuweichen.

ICD (international classification of diseases): Katalog von Krankheiten der WHO, insb. auch psychischen Krankheiten. Definiert damit auch die klinischen Diagnosen, mit denen nur Ärzte bzw. Psychotherapeuten arbeiten dürfen.

Psychotherapeutengesetz (PsychThG): regelt u.a., dass nur approbierte Psychotherapeuten oder dafür ausgebildete Ärzte die Psychotherapie anwenden dürfen. Coaches sind demnach keine Psychotherapeuten und dürfen keine Psychotherapie anwenden, keine Diagnosen erstellen und keine Medikamente verordnen.

Psychotherapie-Richtlinie des GBA (Gemeinsamer Bundesausschuss), die regelt, wann eine psychologische Behandlung als Psychotherapie gilt, welche zu Lasten der Krankenkassen erbracht werden kann. Nämlich die Leistungen, die Krankheiten behandeln, deren Leiden lindern – aber insb. nicht: Vorbeugung, allgemeine Lebensherausforderungen ohne Bezug zu Krankheiten, Paar- und Sexualberatung.
Seelische Krankheit wird hier verstanden als “krankhafte Störung der Wahrnehmung, des Verhaltens, der Erlebnisverarbeitung, der sozialen Beziehungen und der Körperfunktionen”. Außerdem grenzt die Richtlinie Psychotherapie auf bestimmte Behandlungsverfahren, nämlich Verhaltenstherapie, Psychoanalyse und Tiefenpsychologie und neuerdings (2019) systemische Therapie.

Berufsordnung der Psychotherapeuten regelt dazu Qualitätsprinzipien wie Abstinenz, Schweigepflicht und Fortbildungspflicht.Ressourcen: alles, was vom Klienten für seinen Entwicklungsprozess genutzt werden kann

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