Crashkurs: Psychologie lernen

Die Psychologie ist das gemeinsame Kind von Mutter Naturwissenschaft und Vater Weisheit.
Der Mensch ist als soziales Säugetier ein biologischer Organismus mit dem bewussten Erleben des Geistes und der Seele.
Daraus ergeben sich unzählige Phänomene über das menschliche Leben und Erleben – ich gebe hier einen Crash-Kurs Psychologie, um für unser modernes Leben das wichtigste Wissen zusammenzufassen.

Auf der einen Seite ist Homo sapiens das Ergebnis der Evolution von Menschenaffen, die in Rudeln ihr Überleben sichern [1]. Auf der anderen Seite können wir als einzige Lebewesen unsere Existenz bewusst reflektieren, Werkzeuge entwickeln, um die Umwelt zu gestalten und daraus komplexe Gesellschaften zu organisieren.

Psychologie ist eine relativ junge Wissenschaft – das empirische Gerüst ist im Vergleich zu richtigen Naturwissenschaften (Physik, Biologie, Chemie) eher wackelig und sortiert sich noch Stück für Stück zusammen zu einem einheitlichen Bild.
Nichtsdestotrotz: die Psychologie ist die entscheidendste Wissenschaft für unser heutiges Leben und Überleben: denn die materiellen Bedürfnisse in unserer Gesellschaft sind überbefriedigt [4] – aber es bleiben die seelischen und geistigen Herausforderungen in einer globalisierten Welt.
Beispiel Klimaschutz: Wir wissen, was wir tun müssten, um das Ozean-Klima-Ökosystem im Gleichgewicht zu halten, aber tun es nicht aufgrund der psychischen Trägheiten, Abwehrmechanismen und kognitiven Verzerrungen. Wir leben kollektiv einen Knowing-Doing-Gap: wir alle zusammen erzeugen Zustände, die keiner Will.
Die Auflösung der Widersprüche unserer erfordert nicht nur Wissen, sondern gelebte Weisheit. Dafür lohnt es sich, dass wir alle Psychologie lernen, um die Möglichkeiten und Abgründe unserer Seele zu verstehen.

Für wen ist dieser Crash-Kurs Psychologie?

In diesem Crash-Kurs Psychologie richte ich mich an all diejenigen, die mit Menschen arbeiten, die aber bisher nicht ausführlich Psychologie studiert haben. Zum Beispiel Coaches, Lehrer, Trainer, Berater, Führungskräfte, Personaler, Sozialarbeiter… ihnen kann Wissen um Psychologie nutzen, um die Menschen, mit denen sie arbeiten, besser zu verstehen und unterstützen – und allen voran sich selbst.

Bereit?

 

Vorgehen: Effektiv im Crashkurs Psychologie lernen

Vorweg noch eine Anleitung, wie du das ganze Wissen möglichst elegant für dich aufnehmen kannst:

Anleitung: Speed Learning Psychologie

Um schnell viel über Psychologie zu lernen, empfehle ich dir folgendes Vorgehen:

  1. Ziel setzen: Formuliere zumindest ein vages Ziel dafür, was du mit dem Wissen über Psychologien anfangen möchtest… anderen Menschen besser helfen? dich selbst verstehen? Schlauer dastehen? Selbstbewusstsein aufbauen?
    Schreibe ein Ziel auf!
  2. Scannen: Überfliege die jeweiligen Themen und stöbere herum in Fachartikeln, Blogs, Wikipedia, Büchern, TED Talks etc. Folge dabei einfach deiner Neugier, aber behalte auch das Ziel im Auge.
  3. Action Learning: Versuche, etwas mit dem Wissen anzufangen – sei es ein Gespräch mit Freunden, ein Tagebuch-Eintrag, ein eigener Artikel dazu, eine Mindmap, ein Bild oder ein Vortrag.

Auf geht’s!

 

1. Psychologie als angewandte Biologie

Wir Menschen sind Säugetiere, ein Produkt der Evolution und den Naturgesetzen unterworfen. Unser Gehirn ist ein sehr, sehr komplexes Organ – komplexer als alles andere, was wir im Universum kennen. Daher gibt es auch so unfassbar besondere Phänomene im menschlichen Erleben, die uns so besonders vorkommen, dass es kaum zu glauben ist, dass sie doch letztlich auf die Funktion unseres Nervensystems zurückzuführen sind.

Aus dieser Feststellung ergeben sich ein paar Grundannahmen für die Psychologie aus naturwissenschaftlicher Sicht, die in der Arbeit mit Menschen wichtig werden.

Grundannahmen der Psychologie aus naturwissenschaftlicher Sicht

  1. Der Mensch, Homo sapiens, ist ein Säugetier, bestimmt durch Naturgesetze, insbesondere die Biologie der Säugetiere, und hat sich in Ko-Evolution mit seinem ökologischen Umfeld zu der heutigen Form entwickelt [1].
  2. Die Psyche ist eine komplexe emergente Funktion des Nervensystem mit den typischen Eigenschaften komplexer Systeme. Die menschliche Psyche…
    • verändert sich dynamisch,
    • hat verschiedene Meta- und Funktionsebenen und
    • kann unterschiedliche Zustände einnehmen (zum Beispiel Ekstase, Panik, Gelassenheit, Trance).
  3. Das Nervensystem nimmt Reize aus der Umwelt wahr, verarbeitet sie bewusst (kognitiv) oder unbewusst und entwickelt Reaktionen darauf.
  4. Menschen kommunizieren, indem sie über alles Sinneskanäle Informationen austauschen, mit der Umwelt, mit anderen Menschen und speziell mit sich selbst.
  5. Die Grundbausteine der Psyche sind psychologische Ressourcen in Interaktion mit äußeren materiellen und sozialen Ressourcen. Jegliche erlernte Fähigkeit und jegliche neuronale Möglichkeit des Gehirns kann eine Ressource sein. Daraus ergibt sich ein Meer an Ressourcen im Nervensystem …mehr dazu.
  6. Die Psychodynamik lässt sich beschreiben als das Prozess der Reizverarbeitung und Integration von Spannungen, welche durch Interaktion mit der sozialen oder physischen Umwelt sowie in Interaktion mit sich selbst entstehen können.
  7. Lernen geschieht, indem das Nervensystem bestrebt ist, Reize möglichst effizient zu verarbeiten und sich in Homöostase zu stabilisieren und dafür, wenn möglich, die nötigen Ressourcen aufzubauen. Es gibt dafür eine Neuroplastizität: das Gehirn passt sich stetig den erlernten Erfordernissen an …mehr dazu.

Unsere Seele, die einzigartige Innenwelt

Opern,
Weltkriege,
Shit-Storms im Internet,
wissenschaftliche Theorien,
Ehekonflikte,
schnulzige Bestseller
– nach obigen Grundannahmen sind all die Schöpfungen unserer Seele die Produkte eines Nervensystems, welches sich auf effiziente Reizverarbeitung und den Organismus auf Überleben und Fortpflanzung optimiert.

Um die Psychologie des Menschen zu verstehen, brauchen wir also immer auch ein Verständnis der Biologie des Menschen und des Nervensystems.

Zu folgenden Themen haben wir vertiefende Artikel niedergeschrieben, um geistige Phänomene mit den heutigen Erkenntnissen der Neuroforschung zu verstehen:

  1. Wie ermöglicht das Gehirn Ideen und kreative Problemlösungen?
  2. Wie entstehen aus dem komplexen Netzwerk von Neuronen emergente Phänomene wie Gedanken, Erinnerungen, innere Bilder?
  3. Seelische Verletzungen, Traumata, haben eine besonders starke Wirkung auf die Dynamik der Psyche, denn sie können sich verselbstständigen, sensibilieren und übermäßige Veränderungen des Denkens, Fühlens und Verhaltens auslösen. Ein Verständnis dafür ist möglich mit einem Blick auf Trauma aus Sicht der Neurobiologie und die Auswirkungen von Trauma auf die Persönlichkeitsentwicklung.
  4. Lernen und Neurobiologie – 5 Faktoren für deinen Lernerfolg

 

2. Persönlichkeitspsychologie

Was macht einen Menschen aus? Worin unterscheidet sich Menschen voneinander? Sind Menschen einzigartige Seelen – oder doch eher ein schlichtes Konstrukt ihrer Zeit und ihres Umfelds?

Vier Quadranten eines menschlichen Systems

Mit diesem 4-Quadranten-Modell ist dargestellt, dass viele Kräfte an uns wirken – und letztlich das Formen, was wir unsere Persönlichkeit nennen:

4 Quadranten Psychologie

Ebenen der Persönlichkeit

…ich sortiere die geistigen Ebenen meist in der Visionspyramide. Die wesentliche Schwierigkeit im Verständnis von und der Arbeit mit den Ebenen der Persönlichkeit, besteht darin, überhaupt eine passable Wahrnehmung und Kommunikation über die Phänomene auf dieser Ebene zu entwickeln. Gewaltfreie Kommunikation ist das Mittel der Wahl, um eine Sprache über die persönlichen Realitäten zu ermöglichen.

Transaktionsanalyse - Teamentwicklung - IKIGAI - Das innere Team - Systemisch - Spiral Dynamics - Heldenreise

Innere Persönlichkeits-Anteile

Modelle für die Beschreibung von Persönlichkeitsanteilen:

  • Transaktionsanalyse: Eltern-Ich, Erwachsenen-Ich, Kind-Ich
  • Inneres Kind: in unserer Kindheit blieben für unsere Entwicklung Bedürfnisse unerfüllt, wurden unsere Grenzen überschritten. Die Summe unserer übrig gebliebenen kindlichen Anteile wird heute populärpsychologisch als das innere Kind zusammengefasst.
  • Archetypen: König, Narr, Liebende, Diener, Weise, …mehr dazu im inneren Team
  • Ich-Struktur nach Freud: Ich, Es, Über-Ich
  • Dreieiniges Gehirn: Reptil, Säugetier, Mensch

Persönlichkeits-Typologien

Was unterscheidet eine Persönlichkeit von einer anderen? Dafür gibt es Typologien, die Menschen nach Eigenschaften wie Extraversion, Neurotizität oder Gewissenhaftigkeit unterscheiden.

Nach meiner Erfahrung sind sie ein netter Gesprächseinstieg… Wie ticke ich, wie tickst du?
Allerdings sind sie oft nicht wirklich aussagekräftig, da die intraindividuellen Schwankungen im Laufe der Zeit stärker sind als die Unterschiede zwischen Personen.

  • Big Five (einziger wissenschaftlich anerkannte Typologie aufgrund statistischer Analysen von signifikanten Persönlichkeitseigenschaften)
  • Meyer-Briggs: vermarktet über die 16 Persönlichkeitstypen mit so putzigen Abkürzungen wie ENFP oder ENFJ, welche für die Ausprägungen der Persönlichkeitsdimensionen stehen: Extroversion, Intuition vs. Außenwahrnehmung, Denken vs. Fühlen, Wahrnehmen vs. Bewerten.
    — wissenschaftlich nicht anerkannt, da keine stabilen Unterscheidungen in der Realität nachweisbar sind.  
  • DISG: Unterscheidet die vier Typen als dominant, initiativ, stetig, gewissenhaft.
    — wissenschaftlich nicht anerkannt, da keine stabilen Unterscheidungen in der Realität nachweisbar sind.  
  • Astrologie unterscheidet 12 Sternzeichen.
    — wissenschaftlich nicht anerkannt, da keine stabilen Unterscheidungen in der Realität nachweisbar sind.  
  • Belbin Team Rollen
  • Spiral Dynamics Ebenen

Kritik an den Typologien: Der Barnum-Effekt ist eine kognitive Verzerrung. Der Barnum-Effekt besagt, dass Menschen schwammige pauschale Persönlichkeitsbeschreibungen als wahr akzeptieren, auch wenn sie statistisch nicht unterscheidbar sind.

 

3. Entwicklungspsychologie

Die biologische und psychische Entwicklung des Menschen wird geprägt durch Genetik und Erziehung (nature vs. nurture). Die Genetik setzt den Rahmen: im genetischen Rahmen entfaltet sich das Leben – oder eben nicht.
Für die psychische Entwicklung der interessantere Teil die Erziehung und Prägung.

Für Coaches, Pädagogen und Therapeuten besteht die Arbeit vor allem darin, erwachsene Menschen in ihrer persönlichen Entwicklung zu begleiten und zu fördern – hinzu einer integrierten, reflektieren Persönlichkeit – bzw. hin zu einem seelischen Gleichgewicht. Eine Landkarte dafür bietet Spiral Dynamics zusammen mit anderen Stufennmodellen für kognitive Entwicklung.

Hindernis: Altlasten.
Heutzutage liebevoll ge-reframed als das innere Kind.

Die Pandemie des inneren Kindes

Dass auch erwachsene Menschen sich kindisch (trotzig, albern, unterwürfig, naiv, anhänglich, wehmütig, überfordert) verhalten, war sicherlich schon immer so. Das Modell des inneren Kindes gibt dem heutzutage ein Modell: in unserer Kindheit blieben Bedürfnisse unerfüllt, wurden unsere Grenzen überschritten, wurden wir abgehalten von einem Leben im Einklang mit der Natur und uns selbst. Die Summe unserer übrig gebliebenen kindlichen Anteile bildet das innere Kind und suggeriert: kümmere dich darum!

1995 gab es die Studie über belastende Kindheitserlebnisse (Adverse Childhood Experiences, kurz ACEs):
Demnach haben zwei Drittel der erwachsenen Menschen unserer Gesellschaft schwierige, traumatisierende Kindheitserlebnisse gehabt: Gewalt, sexueller Missbrauch, emotionale Vernachlässigung, Parentifizierung usw.
Unsere Kindheitserfahrungen prägen uns für den Rest des Lebens – und für den Rest des Lebens unserer Kinder!

Beispiel Mathematik-Unterricht: ein, zwei fiese Bemerkungen in der frühen Kindheit durch Eltern oder Lehrer tragen oft dazu bei, dass ein Kind sich für dumm hält – und irgendwann auch dessen Kinder.

  1. Verletzende Bemerkung in der Kindheit: Ein Erwachsener sagt zum Kind »Du kannst Mathe einfach nicht«
    (Obwohl dahinter auch die Unfähigkeit steckt, auf den individuellen Lernweg des Kindes einzugehen.)
  2. Aufgeben gegenüber der Verletzung: Irgendwann macht das Kind daraus ein »Ich kann Mathe einfach nicht«.
  3. Stigmatisierung: Heutzutage kann dies fundiert werden in einer Dyskalkulie, um sich mit diesem Stigma in eine diagnostizierte Opfer-Rolle zu flüchten.
  4. Weitergabe der Verletzung oder des Stigmas: Das Kind wird erwachsen, kriegt ein Kind und ist ungeduldig, wenn das Kind die Mathe-Hausaufgaben nicht fertigstellt und sagt dann zum Kind: »Du kannst das eben nicht. Bei mir war das auch schon so. Ich konnte Mathe einfach nicht. Mach dir nichts draus.«

So bahnen sich selbsterfüllende Prophezeiungen ihren Weg …

Im Artikel über »Trauma & Persönlichkeitsentwicklung« gebe ich einen umfassenden Blick auf das Thema Bindungs- und Entwicklungstrauma
In kurz: irgendwas wird fast immer vermurkst in der Kindheit und raubt uns dann für den Rest des Lebens Glück, Gesundheit und Klarsicht. Schlimmer noch: wir geben den Mist an unsere Kinder weiter und diese an ihre.

Unsere Eltern sind schuld. Aber sie sind nicht schuld daran, dass sie schuld sind.

Entlastend: wir können ursprünglich nichts für unsere Macken. Unsere Eltern, Großeltern, Lehrer – und die ganzen alten Säcke, die so eine naturfremde Gesellschaft gebaut haben, sind Schuld. Aber sie selbst können ja auch nichts dafür, denn auch sie waren Opfer ihrer Zeit und ihrer Eltern.

Eines Tages gibt es vielleicht ein Mahnmal für all die unzähligen Opfer der Entwicklungs- und Bindungstraumatisierungen:
Milliarden von Menschen wurden um ihr Kindheits- und Lebensglück gebracht. Von wem? Von all den anderen Menschen. »Die Hölle, das sind die anderen«, heißt es bei Sartre.

Das innere Kind will integriert werden

»Es ist nicht deine Schuld, dass die Welt ist wie sie ist. Es ist nur deine Schuld, wenn sie so bleibt.«
Die Ärzte

Jetzt weißt du es. Von nun an bist du nicht nur Mittäter, sondern auch Mittäter. Jedes mal, wenn du dir selbst, einem anderen Menschen oder gar deinem eigenen Kind seelisch, geistig oder körperlich schadest, trägst du bei zu ewigem Leid auf der Welt.

Dazu gibt es eine schöne philosophische Kurzgeschichte von Andy Weir:

Eine kleine Sammlung an Möglichkeiten zum Umgang bieten die Ansätze zur Trauma-Integration.

 

4. Psychoanalyse: Heilen durch Verstehen

Psychoanalyse ist etwas in Verruf geraten, da Freuds Triebtheorie als unzeitgemäß gilt – vielleicht wollen die Menschen sich heute auch einfach immer noch nicht mit ihrem animalischen Anteil abfinden – vielleicht ist aber auch die Lobby der Verhaltenstherapeuten stärker geworden. Die wesentlichen Modelle von Freud sind auch heute noch hilfreich:

  • Ich – Es – Über-Ich (kann evtl. neurobiologisch verglichen werden mit: dem präfrontalen Kortex – limbisches System & Stammhirn – Salience Network).
  • Analyse der Eltern-Kind- und Familienbeziehungen, um ein Verständnis über die Ich-Entwicklung des Klienten zu bekommen. Heutzutage zum Beispiel mit Familienaufstellungen.
  • Lustprinzip – die Neigung des Menschen, die Befriedigung des Egos und der Grundbedürfnisse zu maximieren (Essen, Schlafen, Sex, Unterhaltung… siehe menschliche Bedürfnis-Pyramide)
  • Übertragung & Gegenübertragung

Die klassischen methodischen Werkzeuge der Psychoanalyse sind:

  • die Freie Assoziation
  • die Traumdeutung
  • die Analyse von Fehlverhaltensweisen und Symptomen
  • die Analyse von Beziehungen und Interaktionen
  • die Selbstanalyse des Analytikers
  • die Technik der Übertragung und Gegenübertragung
  • die Technik der Interpretation.

Die Psychoanalyse hat auch noch einiges an coolen Modellen und Konzepten hinzugewonnen seit Freud:

  • Widerstände und Abwehrmechanismen
  • Grundkonflikte des Menschen
  • Strukturniveau des Ichs analysieren
  • Containing – das „Halten“ und „Mitverdauen“ von überfordernden, unzugänglichen Emotionen durch den Therapeuten oder eine wesentliche Bezugsperson
  • Alpha- vs. Beta-Elemente: nicht-integrierte rohe Emotionen und Erfahren gelten als Beta-Elemente, welche durch die Therapie zu Alpha-Elementen gemacht werden sollen
  • Archetypen nach Jung

Weiterhin wichtig für die Analyse sind Traumatisierungen und die Bindungstheorie (… mehr dazu).

 

5. Kommunikation

Für einen modernen Menschen gibt es nichts Gefährlicheres im Leben als Reden.

Kommunikation ist der Austausch von Informationen zwischen Menschen.
Coaching basiert darauf, dass du mit deinem Coachee kommunizierst – und hat meist zum Ziel, dass dein Coachee mit sich selbst und seinen Mitmenschen klar kommuniziert… dafür hilft es also, wenn auch du als Coach so klar wie möglich kommunizierst – in deinem Zuhören, Fragen, Anleiten, Lehren – und Coachen.

Wenn wir Coaching verstehen als die Hilfe zur Selbsthilfe, dann benutzt du jegliche Kommunikationsmittel, um deinem Coachee zu seinem Entwicklungsziel zu verhelfen.

Es gibt einen ausführlichen Artikel über »6 Level der Kommunikations-Techniken im Coaching«. Lies ihn.
Hier in kurz die 6 Stufen:

Level 1: Aktives Zuhören

  1. Aufmerksamkeit aufrecht halten für dein Gegenüber
  2. Paraphrasieren: Wiedergeben des Gesagten nach dem eigenen Verständnis mit eigenen Worten
  3. Soziales Grunzen: Aha, Mmhm, Ach, Oho, Huiuiui
  4. Verbalisieren von Emotionen, Gedanken, Hypothesen, Bedürfnissen und Wünschen (Orientierung an Gewaltfreier Kommunikation)
  5. Nachfragen, um Verständnis zu vertiefen, insbesondere mit offenen Fragen
  6. Spiegeln von Körperhaltung, Mimik, Gestik

Level 2: Funktionale Fragetechniken

  • Rückversichernde Fragen (Ok? Fühlst du dich noch sicher? Hältst du es noch aus? Können wir weiter gehen?)
    Funktion: Einvernehmlichkeit und Kopplung sichern
  • Vertiefende, Ergründende Fragen (Warum …?)
    Funktion: die Zusammenhänge verstehen
  • Konkretisierende Fragen (Wie genau  ..?)
    Funktion: Klarheit und Konkretheit schaffen
  • Sammel-Fragen (Was noch… ?)
    Funktion: ein umfassendes Verständnis konstruieren über Beispiele und weitere Zusammenhänge
  • Perspektivische Fragen (Wie sieht es aus aus folgender Perspektive / Person / Zeit … ?)
    Funktion: Zusammenhänge im System aufdecken
  • Zielorientierte Fragen (Wohin … ?)
    Funktion: Konzentration auf die positive Weiterentwicklung
  • Hypothetische Fragen (Was wäre, wenn …?)
    Funktion: Kreativität, Hoffnung, Eröffnung neuer Möglichkeitsräume für das eigentlich Wünschenswerte
  • Ressourcen-aktivierende Fragen (Was ist?)
    Funktion: pragmatische Ausrichtung auf die tatsächlich vorhandenen Möglichkeiten
  • Paradoxe Fragen (Wie kannst du scheitern?)
    Funktion: Musterunterbrechung, Bewusstmachung der dysfunktionalen Zusammenhänge

…mehr zu den systemischen Fragetechniken und Kommunikations-Heuristiken.

Level 3: Funktionale Operatoren

  • Erzähle
  • Nenne
  • Beschreibe
  • Vergleiche
  • Begründe
  • Stelle X und Y in Zusammenhang
  • Wiederhole
  • Ruf dir XY wach

Vorgehen: überlege genau, welche Informationen und Antworten du haben möchtest im Coaching-Gespräch und formuliere einen Opterator, der dahin führt.

Level 4: Situative Interventionen

GFK: 1. Beobachtung, 2. Befinden, 3. Bedürfnis, 4. Bitte
Funktion: Vertrauensvolle Kommunikation zwischen Mensch und Mensch
…mehr zu GFK

LIMO: Loben, Interesse bekunden, Mängel ansprechen, Offenheit vermitteln
Funktion: in allgemeiner Unsicherheit souveränen Gesprächsfluss aufrecht erhalten

GROW: Goal, Reality, Opportunities, Way forward
Funktion: pragmatische Ausrichtung auf ein Ziel

SMART-Ziele… sind spezifisch, messbar, attraktiv, realistisch, terminiert
Funktion: Verbindlichkeit und Klarheit der Zielformulierung erhöhen die Wahrscheinlichkeit der Umsetzung

TTT: Touch – Turn – Talk
Funktion: In hitzigen Gesprächen unangemessene Einwände abwehren und rückführen an den Kernprozess.

Reappraisal: Alles Gesagte anerkennen und wertschätzen:
Funktion: Unsicherheit beim Gegenüber abbauen
Beispiel: „Ja, es ist gut, dass du dich schuldig fühlst. Damit übernimmst du emotionale Verantwortung. Es ist super, dass du dich mit diesem Gespräch darum bemühst, Auflösung zu finden, damit du in Zukunft dich weniger belastet fühlst.“

Level 5: Funktionale Interventionen

…zur allgemeinen Liste von Interventions-Techniken.

Level 6: Präsente Prozessführung

Alle obigen Techniken einsetzen können

+

  • Achtsamkeit, Präsenz dabei dauerhaft aufrecht erhalten können
  • Liebe und Mitgefühl fließen lassen
  • Theory U & Social Presencing Theatre
  • Humor
  • Als Coach Vorbild sein

Zum ausführlichen Artikel: »6 Level der Kommunikations-Techniken im Coaching«.

 

6. Arbeits- und Organisationspsychologie

Viele Menschen identifizieren sich mit ihrer Arbeit und erleben dort wesentliche Herausforderungen, die für ein Coaching relevant sind. Also solltest du ein grundlegendes Verständnis haben über A&O-Psychologie, insbesondere über die folgenden Themen:

Wenn du deine Karten richtig ausspielst, kannst du nicht nur Menschen helfen, mit ihrer Arbeit klar zu kommen, sondern auch mit den Teams & Unternehmen selbst arbeiten bzw. den Menschen in ihrem Arbeitskontext. Unternehmen können typischerweise mehr bezahlen als Einzelpersonen und sind daher attraktiv als Klienten.


So weit für heute.
Fehlt etwas? Auf jeden Fall. 100 Milliarden Nervenzellen [3] und die Kulturgeschichte der Menschheit geben Raum für unendlich viele psychologische Konzepte.

Wenn du es ernsthaft geschafft hast, dich durch all die Konzepte und Artikel durchzuarbeiten: Herzlichen Glückwunsch!
Ansonsten: In der Online-Ausbildung zum Systemischen Coach arbeiten wir uns in etwas verdaulicheren Häppchen durch die wesentlichen Themen, die es braucht, um psychologisch fundiert mit Menschen zu arbeiten.

Und: Schreib mir gerne dein Feedback zu diesem Artikel!

 

 

Quellen (partiell):

[1] Altersdatierung archäologischer Funden von Menschenskelleten:
Daniel Richter, Rainer Grün, Renaud Joannes-Boyau, Teresa E. Steele, Fethi Amani, Mathieu Rué, Paul Fernandes, Jean-Paul Raynal, Denis Geraads, Abdelouahed Ben-Ncer, Jean-Jacques Hublin, Shannon P. McPherron: The age of the hominin fossils from Jebel Irhoud, Morocco, and the origins of the Middle Stone Age. In: Nature. 546, Nr. 7657, 2017, ISSN 0028-0836, S. 293–296. doi:10.1038/nature22335

[2] Donald Johanson: From Lucy to language. Simon and Schuster, New York 1996, S. 80.

[3] Suzana Herculano-Houzel: The human brain in numbers: a linearly scaled-up primate brain. In: Frontiers In Human Neuroscience. Band 3, 9. November 2009, S. 31, doi:10.3389/neuro.09.031.2009PMID 19915731PMC 2776484

[4] Obesity: preventing and managing the global epidemic. WHO Technical Reports Series 894, Geneva 2000, S. 9. Abgerufen 6. September 2019.



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