Die Spieltheorie ist ein Denkmodell aus Mathematik und Ökonomie, das sich mit Entscheidungen unter Interdependenz beschäftigt: Wie wähle ich meine Strategie, wenn andere Menschen mitentscheiden – und meine Wahl beeinflussen?
Sie analysiert Situationen, in denen mehrere „Spieler“ miteinander interagieren – ob in Kooperation, Konkurrenz oder Mischform. Das können sein:
- zwei Verhandler im Business,
- ein Team in einem Zielkonflikt,
- ein inneres Team mit widersprüchlichen Stimmen,
- ganze Gesellschaften im Klima-Dilemma.
3 Populäre Modelle der Spieltheorie
1. Gefangenendilemma
Zwei Gefangene, A und B, haben die Wahl zwischen Verrat oder Schweigen, wonach sich ihre Strafe abmildert oder verschärft.
B schweigt | B verrät | |
---|---|---|
A schweigt | beide 1 Jahr | A: 3 Jahre, B: 0 Jahre |
A verrät | A: 0 Jahre, B: 3 Jahre | beide 2 Jahre |
2. Nash-Gleichgewicht
Das Nash-Gleichgewicht beschreibt einen Zustand, bei dem sich beide Seiten defensiv verhalten, aber damit einen noch schwereren Verlust abwenden. Beispiele:
- In dem Gefangenen-Dilemma ist das Nash-Gleichgewicht, dass sich beide verraten, aus Angst, selbst noch schlechter dazustehen, wenn nur der andere verrät.
- Aufrüstung im kalten Krieg zur Abschreckung
- In einem Bieter-Verfahren halten 2 Konkurrenten ihre Preise niedrig, aus Angst, ihr Konkurrent könnte unterbieten und damit gewinnen
3. Shapley-Wert
ermittelt den Gewinn-Anteil von koalierenden Parteien nach dem jeweiligen relativen Beitrag zum gemeinsamen Erfolg, zum Beispiel:
- Verteilung von Minister-Posten zwischen zwei koalierenden Regierungsparteien
- Verteilung von Unternehmensanteilen zwischen Geschäftspartnern
Für die Schätzung des Shapley-Wertes kann gefragt werden: Wie unentbehrlich bin ich für den Erfolg des anderen?
Homo Oeconomicus
In der klassischen Spieltheorie geht man von rationalen, nutzenmaximierenden Akteuren aus. Man bezeichnet sie als Homo Oeconomicus. Dieser trifft Entscheidungen nach dem Prinzip: „Welche Option bringt mir den höchsten erwartbaren Nutzen?“
Aber:
- Menschen sind keine Maschinen.
- Wir haben Werte, Beziehungen, Unsicherheiten.
- Wir kooperieren – manchmal gegen den kurzfristigen Vorteil.
- Wir handeln irrational – aus Liebe, Angst oder Verbundenheit.
Win-Win-Spieltheorie
In unserer systemischen Arbeit ersetzen wir den engen Nutzenbegriff durch Bedürfnis-Erfüllung:
🧃 Sicherheit, Autonomie, Sinn, Verbundenheit…
🔍 Jede Strategie wird daran gemessen, wie viel sie zur Erfüllung beiträgt.
Beispiel: Zwei Teammitglieder ringen um die Projektleitung.
Auf der strategischen Ebene ist es ein Nullsummenspiel („Einer gewinnt, einer verliert“). Aber auf der Bedürfnis-Ebene kann Kooperation möglich sein: „Wie können wir beide unsere Bedürfnisse nach Wirksamkeit und Anerkennung leben – auch ohne Konkurrenz?“
Drei Spieltypen in Coaching & Organisationen:
Typ | Merkmal | Haltung | Risiko |
🧩 Nullsummenspiel | Entweder-Oder | Konkurrenz | Verhärtung, Machtkampf |
🤝 Kooperationsspiel | Win-Win möglich | Vertrauen | Naivität, Ausnutzung |
🔄 Iteratives Spiel | Beziehung zählt | Lernfähigkeit | Komplexität, Unsicherheit |
🌀 In der Realität wechseln wir ständig zwischen diesen Spielen. Systemisches Coaching hilft, das Spiel zu erkennen – und ggf. das Spiel zu verändern.