Führung von unten (auch Cheffing) ist eine komplizierte und teilweise gefährliche Kunst – dennoch ist sie oft notwendig. Im Artikel zu Führungskompetenz findest du positive Merkmale und Kompetenzen einer Führungskraft. Führung von unten ist ein nützlicher Workaround, wenn die Führungskompetenz einer Person nicht ausreicht, um den Zweck einer Organisation zu erfüllen.
Warum ist Führung von unten wichtig und wertvoll?
Mit der Führung gehen Macht und Verantwortung einher, die im Idealfall im Sinne der ganzen Organisation und eines höheren Sinns gefällt werden. Mitarbeiterinnen erwarten gerechte Entscheidungen, Verlässlichkeit und Anerkennung für ihre Leistung. Blendet aber die FK ihre Verantwortung aus, handelt einseitig, egoistisch, aus Angst, intransparent oder es mangelt ihr an Kompetenz, verliert sie Vertrauen und gefährdet den Erfolg der Organisation.
Welche Person gerade auf der Machtposition sitzt, hängt von vielen Faktoren ab. Es ist wünschenswert, dass die Führungskraft (FK) durch Kompetenz und Weisheit zu ihrem Posten kam, aber es gibt auch viele andere Szenarien.
Mögliche Gründe für die fragwürdige Besetzung einer Führungsposition:
- Fürh war die FK einmal gut in ihrer Funktion, doch die Zeiten haben sich geändert und die FK hat den Zeitgeist verpasst
- Die FK war eine bequeme Wahl, weil sie keinem gefährlich wurde
- Die Person war die einzige passable Option
- Aus bürokratischen Gründen kam die FK auf ihren Posten
- Aus Solidarität hat eine andere, mächtigere Person einen Freund auf den Posten gehievt
- Aus persönlichen, psychologischen Gründen hat sich die FK verändert, doch sie will sich nicht eingestehen, dass ihre Haltung oder Kompetenz nicht adäquat ist und klammert sich an der Macht fest
Wie funktioniert Führung von unten?
Führung von unten funktioniert mit den gleichen Kompetenzen wie Führung von oben – nur braucht es ein Extra-Maß an Initiative, Feingefühl, Kreativität und Empathie, um den Mangel an formeller Macht zu kompensieren. Es besteht stets die Gefahr, die Machtinhaber gegen sich aufzubringen, wenn diese sich in ihrer Autorität untergraben oder Kompetenz in Frage gestellt fühlen.
Bei der Führung von unten hast du nicht die formelle Macht, um wünschenswerte Entscheidungen herbeizuführen, also musst du die echten Entscheider von deinen Ideen überzeugen bzw. sie zunächst dazu bringen, dir überhaupt zuzuhören.
Nützliche Kompetenzen für Führung von unten:
- Pitching: Überzeugende, prägnante Präsentation von Ideen
- Beziehungskompetenz: Vertrauensvolle Beziehungen aufbauen und pflegen
- Design Thinking: kreatives Gestalten von Strukturen, ausgerichtet an den Bedürfnissen der Nutzer und Stakeholder
- Zukunftsforschung, um für die Stakeholder ein möglichst wünschenswertes Zukunftsszenario zu entwickeln. Dafür sind z.B. folgende Methoden möglich:
- Szenarioanalyse: Welche Einflussfaktoren führen zu welchen Szenarien? In komplexen Situationen können Entscheidungen damit strukturiert werden.
- Strategische Frühaufklärung, oder die hippere Version:
- Future Thinking
- Systemisches Konsensieren: Entscheidungen für eine Gruppe von Stakeholdern herbeizuführen ist nicht leicht – die systematische Widerstandsabfrage kann diesen Weg erleichtern.
Ein typischer Satz, der fällt, wenn es um Managing the Boss geht, ist: Lass sie glauben, es wäre ihre eigene Idee.
Dies drückt aus, dass es manchmal besser ist, die Chefin nicht in den Schatten zu stellen und ihr die Anerkennung zu überlassen, um der Stabilität willen.
Führung von Unten verrichtet Arbeit am sozialen Feld
Nicht nur muss die Position der zentralen Entscheider beeinflusst werden, sondern auch weiterer Stakeholder. Die Person, die von außen das soziale Feld beeinflusst, muss Kraft an dem Feld verrichten, um die einzelnen Personen in ihrer sozialen Entscheidungsposition zu bewegen, hin zur gewünschten Richtung. Nehmen wir zum Beispiel den Vorstand eines Mittelständischen Unternehmens, welches entscheidet, ob es einen Teil der Lieferkette auf organisch abbaubare Kunststoffe, weg von Kunststoffen, die auf Erdöl basieren. Es gibt dabei diverse Stakeholder, die von der Entscheidung betroffen sind und mehr oder weniger überzeugt sind von der Idee. Nun ist es die Arbeit des Change Makers in seiner Führung von unten oder Führung von außen, die Kernentscheider zu beeinflussen, hin zu einer ökologischen und inklusiven Entscheidung, weg von einer egozentrischen konventionellen Haltung. Dies ist in der folgenden Graphik dargestellt.
Der Influencer verrichtet Arbeit an der Position des Entscheiders und ggf. weiterer Personen – und damit am sozialen Feld.
Arbeit berechnet sich als Produkt aus Kraft x Weg. Die Kraft ist hierbei die Influencing Power – also die Fähigkeit, Einfluss auf die Personen zu nehmen.
Nach der goldenen Regel der Mechanik gilt: Bei gleicher Arbeit wird also bei kleinerer Kraft der Weg größer, und bei größerer Kraft der Weg kleiner. Je geringer die Influencing-Kompetenz ist, desto mehr Wege gilt es abzulaufen, Klinken zu putzen und Menschen zu überzeugen. Je stärker der Einfluss, desto weniger Wege müssen aufgewandt werden (z.B. weil mehrere Personen auf einmal überzeugt werden können).
Anwendung soziale Veränderung hin zur ökologischen Transformation
Zumeist sind es jüngere Menschen, die für eine ökologischere Gesellschaft kämpfen – zumal sie mehr unter den Folgen des Klimawandels zu leiden haben als die ältere Generation. Um die älteren Generationen zu beeinflussen, welche die Machtpositionen überproportional besetzen und konventionellere Haltungen vertreten, müssen also die jungen Klimaaktivisten zu Influencern werden und Führen von unten lernen, um die ökologische Transformation zu beschleunigen.
Das Ziel sind möglichst ökologische Entscheidungen mit einem möglichst geringen Entscheidungsaufwand.
Die Optimierungsvariable für die Wirkung ist also: