[Anleitung] Wachstumsstrategie für Beratungsunternehmen

Eine Beratungsfirma ist ein Unternehmen: sie hat Ausgaben und Einnahmen, bietet Dienstleistungen an und bekommt Geld dafür. Beratungsfirmen unterscheidet sich jedoch auch grundlegend von z.B. einem Industrieunternehmen, in dem die Wertschöpfung auf maschineller Fertigung beruht, oder von Softwareunternehmen. Beratung hängt zunächst immer von der Zeit, Kompetenz und Persönlichkeit der Berater ab. In diesem Artikel schauen wir uns an, welche Vor- und Nachteile das mit sich bringt und was die Wachstumsstrategien von Beratungsunternehmen sind.

Vor- und Nachteile eines Beratungsunternehmens

Fangen wir an mit den Vorteilen:

  • Niedrige Eintrittsschwelle: Es ist relativ leicht, Berater zu werden: eigentlich braucht man nur etwas Know-How und eine Steuernummer um Rechnungen zu schreiben. Dazu ein Laptop und ein Telefon und du hast eine Beratungsfirma.
  • Attraktive Honorare: Die Tagessätze können sehr lohnenswert sein, 1.000 – 3.000 Euro sind üblich.
  • Flexibilität: Mit der niedrigen Schwelle kann auch schnell das Angebot angepasst werden – Coaching, Training, Qualitätssicherung, Begutachtung… die Spielweisen der Beratung sind vielfältig genug. Ein Wort wird durch ein anderes ausgetauscht und schwupp, hast du ein neues Produkt.
  • Sell before build: Da die Entwicklung eines Angebots vor allem an der eigenen Arbeitskapazität hängt, kann ein neues Angebot meist in der Zeit bis zur Durchführung entwickelt werden. Das heißt, es ist nicht nötig, ein perfektes Angebot zu haben, wenn es verkauft wird – es reicht die Überzeugung, dass es möglich und sinnvoll ist. Das spart viel Ungewissheit, ob es sich lohnt ein Angebot zu entwickeln: denn es lohnt sich immer dann, wenn es bereits verkauft wurde.

Nachteile:

  • Red Ocean: da es so leicht ist, Berater zu werden, kommen auch viele Andere auf die Idee. Es gibt also viel Konkurrenz und schon nächsten Monat kannst du ersetzt worden sein durch einen günstigeren oder besseren Anbieter.
  • Zeit ist Geld: die Einnahmen hängen zu großen Teilen an der Arbeitszeit. Diese ist aber begrenzt, typischer Weise auf 6-9 Stunden pro Tag, 5 Tage pro Wochen. Real deutlich weniger, denn es kann anstrengend sein, als Berater zu performen.
  • Engpass Gründungsperson: Mit der Knappheit der Beraterzeit ist es schwer, ein Beratungsunternehmen zu skalieren, denn um genug Geld zu erwirtschaften, wird zunächst einmal möglichst viel Zeit verkauft – und dann bleibt kaum welche übrig für Weiterentwicklung, Neu-Akquise, Personalgewinnung und -führung.
  • Wirkung und Messbarkeit: Was die Beratung tatsächlich nutzt, ist schwer zu greifen. Beim Verkauf kann das Blaue vom Himmel versprochen werden – verantwortlich bleibt ja letztlich der Kunde.
  • Geringe Planbarkeit & Zukunftsängste: Auch wenn es aktuell sehr gut läuft, kann sich schnell Angst einstellen, dass die eigene Dienstleistung in ein paar Monaten oder Jahren nicht mehr nachgefragt wird. Mal kommt viel Geld rein, man freut sich und will endlich mal durchatmen, doch im nächsten Moment ist es weniger Geld und man macht sich schon wieder Sorgen. Der Umsatz ist oft eine Zickzack-Kurve.

 

Wie können wir uns also an den Vorteilen der Beratungstätigkeit erfreuen und dabei die Nachteile eindämmen? Insbesondere fragen wir uns, wie Umsatzwachstum und Planbarkeit geschaffen werden können. Im folgenden Abschnitt liste ich dafür die grundsätzlichen Optionen auf, mit denen ein Beratungsunternehmen Geld verdienen kann.

Geschäftsmodelle einer Beratung

Grundsätzlich gibt es zwei Spielweisen: flexibler Verkauf von 1. Beratungszeit oder 2. Produktifizierung.

  1. Beratungszeit verkaufen, flexibel, je nach Nachfrage, für konkrete Kundenbedarfe,
    in Form von

    • Beratung
    • Training
    • Coaching
    • Moderation & Prozessbegleitung
    • Konzept- & Inhaltsentwicklung
    • Projektmanagement
    • Kundensupport
  2. Produkte anbieten in Form von:
    • Spezialisierten Dienstleistungen, zum Beispiel bezogen auf ein konkretes Problem („Konflikte im Team“ oder „Personalfluktuation“ oder „Ineffizienz“)
    • Weiterbildungen & Trainings, mit pro-Kopf-Preis, bei denen sich viele unterschiedliche Kunden anmelden können
    • Kongresse & Tagungen für Teilnehmer aus unterschiedlichen Kundenunternehmen, mit gemeinsamem Bedarf
    • Informationsprodukten wie Bücher, Online-Kurse
    • Software as a Service (SaaS), in der Software für konkrete Kundenbedarfe entwickelt und betreut wird
    • Beratungspakete, die die obigen Komponenten kombinieren, zum Beispiel „Innovations-Audit“, „Blended Learning Training für Design Thinking in der Personalentwicklung“
    • Abos & Kontigente, die pro Monat / Jahr verkauft werden und vom Kunden flexibel abgerufen werden können
    • Mitgliedschaften zu Netzwerk, Veranstaltungen, Interessensgruppen, Zugang zu Informationen
    • Vermittlung von Anfragen an das Netzwerk gegen eine Provision
    • Plattformen, auf denen sich Kunden und Drittanbieter begegnen können

Es gibt also einige unternehmerische Spielweisen, die über den reinen Verkauf von Arbeitszeit hinausgehen. Wenn wir aber am Anfang stehen, als Freiberufler, dann sind viele der Produktformen wohl eher Zukunftsträume.

Aber wagen wir als nächstes einen Ausblick, wie der Erfolgsfall aussehen könnte, sodass aus einer 1-Personen-Freiberuflichkeit ein skalierbares Unternehmen erwächst.

5 Skalierungs-Stufen eines Beratungsunternehmens

  1. Freiberufliche Tätigkeit in Form von Training, Lehre, Coaching, Moderation etc.
    Hier sind sämtliche Rollen eines potenziellen Unternehmens noch in einer Person gebündelt. Sie hat das höchste Wissen über die konkreten Kundenbedarfe und was genau funktioniert und sich verändert – aber der Umsatz kann nur wachsen, indem sie mehr Zeit verkauft oder die Zeit teurer verkauft.
  2. Wachstumsansätze über:
    1. Weitere Personen, mit denen man sich zusammenschließt, die weitere Zeit und Inhalte anbieten können
    2. Spezialisierung auf Nischen, die ausgebaut werden können über vertikale (fortgeschrittene oder niedrigschwelligere Ergänzungsangebote zu einem bestehenden Beratungsthema) und horizontale (verwandte ähnliche Themen anbieten) Skalierung
    3. Business Development hin zu Produkten, die mehr oder weniger unabhängig von konkreten Personen verkauft werden können, um die Umsatz-Bindung an die Beraterzeit zu überwinden
  3. Unternehmensstruktur aufbauen:
    1. Strukturierte Prozesse zur Kunden-zentrierten Auslieferung der Angebote
    2. Arbeitsteilung: Rollen, Verantwortlichkeiten oder gar Abteilung, auf die die unterschiedlichen Wertschöpfungs-Prozesse verteilt werden, typischer Weise:
      • Beratung als Kern der Wertschöpfung
      • Vertrieb, Marketing & PR, um neue Projekte, Kunden und Umsätze ranzuholen
      • Produktentwicklung, um neue Angebote zu entwickeln für die neu entdeckten Kundenbedarfe. Hierzu kann auch die Weiterbildung der Berater zählen.
      • Administration: Dienstreisen planen, Buchhaltung, Personalführung etc.
    3. Outsourcing von Nicht-Kernkompetenzen an Freelancer oder Agenturen, z.B. Buchhaltung, Webseite oder Marketing
  4. FlywheelInformationsfluss ermöglichen durch Kopplung folgender Ressourcen & Prozesse:
    • Einblicke in die aktuellen Probleme und Bedarfe der Kunden
    • Marketing & Vertrieb, um aktuelle Angebote an Kunden heranzutragen
    • Kompetenzentwicklung der Berater, sodass sie höchstmöglichen Wert bringen für die Kunden und das Unternehmen
    • Produktentwicklung, welche die aktuellen Bedarfe in das Portfolio integriert
  5. Strategische Skalierung durch Kombination von 2, 3 und 4, sodass das Unternehmen wachsen kann, hinzu einer Vielzahl von
    1. Mitarbeitern
    2. Kundenprojekten
    3. Nischen & Spezialisierungen
    4. Geschäftsmodellen
    5. Abteilungen & Teams
    6. Marketing-Kanälen & -Strategien

So könnte es also laufen: aus einem freiberuflichen Berater entsteht mit Zeit und Kompetenz ein mittelständisches oder großes Unternehmen. Manche Beratungen sind auch riesige Konzerne, zum Beispiel die „Big Four“ Wirtschaftsprüfungsunternehmen machen viele Milliarden Euro Umsatz im Jahr und haben hunderttausende Mitarbeiter. McKinsey und Boston Consulting machen ebenfalls zweistellige Milliardenumsätze mit dutzenden tausend Mitarbeitern.

Aber ich gehe mal davon aus, dass dein Unternehmen noch nicht beim Sprung zum Weltkonzern ist, sondern vielleicht eher bei einer typischsten Herausforderung:

Wie können wir mehr Umsatz erwirtschaften, der unabhängig von Schlüsselpersonen ist?

Hier landen wir bald bei den Methoden der strategischen Planung, mit langfristigen Zielen, Meilensteinen, OKRs, Balanced Scorecards, Marketing-Kanälen, KPIs etc. Und diese Unternehmensstrategie sieht natürlich jedes mal ganz konkret unterschiedlich aus, je nach Status Quo, Branche und bisherigen Nischen.

Also wagen wir uns nun in die Gefilde der Unternehmensstrategie, um der Weiterentwicklung von Beratungsunternehmen in der Allgemeinheit gerecht zu werden.

Anleitung: Strategisches Wachstum für dein Beratungsunternehmen

  1. Status Quo: Stelle die wichtigsten Informationen über den Status Quo des Unternehmens zusammen: Umsätze der letzten Jahre, beliebteste Angebote, Marketing- & Vertriebs-KPIs.
  2. Markt- und Kundenbedarfe: Sammle die konkreten Bedarfe, die du über deine Kunden, Konkurrenten und sonstigen Einblicke gewinnen kannst. Erstelle zum Beispiel Personas oder nenne die wichtigsten Probleme, Bedarfe und Potenziale.
  3. Strategie-Team: Bring die Menschen zusammen, die mit dir auf die Zukunft schauen können, zum Beispiel Mitarbeiter, Kollegen, Konkurrenten, wohlgesonnene Kunden. Schaut gemeinsam auf die mögliche Strategische Entwicklung.
  4. Potenziale: Sammelt alle Potenziale, die entweder aus den Markt-Einblicken oder aus euren Ressourcen & Kompetenzen heraus entstehen.Design Thinking vs. Effectuation
  5. Kombination: Kombiniert die Markt-Bedarfe mit euren Kompetenzen & Ressourcen, sodass daraus möglichst vielversprechende potenzielle Angebote entstehen. Priorisiert die Bedarfe, zum Beispiel mit einem RICE-Scoring.
  6. Strategische Planung: Formuliert damit Ziele und Meilensteine, zum Beispiel mit SMART-Goals oder OKRs. Verteilt dafür Verantwortlichkeiten. Betrachtet vor allem
    1. konkrete Produktentwicklungen sowie
    2. Marketing- und Vertriebsmaßnahmen.
  7. Umsetzung: Überwacht die Umsetzung durch regelmäßige Termine, indenen ihr euch die Ziele wachruft und den Fortschritt überprüft und ggf. weitere Maßnahmen vereinbart. Wichtig sind klare Verantwortlichkeiten, Fristen und gegenseitige Unterstützung.

Viel Spaß bei dieser schönen, strategischen und kreativen Tätigkeit. Genießt sie und gebt ihr den nötigen Stellenwert durch ein schönes Setting.

Wenn du bei der Planung der Wachstumsstrategie für dein Beratungsunternehmen Fragen hast oder Unterstützung gebrauchen kannst, nimm gerne Kontakt auf.

 

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