Mitgefühl ist Fähigkeit, sich in andere Menschen einzufühlen, ihr Leiden zu erkennen und sich herzlich auf sie einzustimmen. Mitgefühl bietet gesundheitliche und psychologische Vorteile. In diesem Artikel zeige ich eine allgemeine strukturierte Anleitung für Mitgefühl-Meditationen, die konkreten persönlichen Vorteile – und auch eine MP3-Aufnahme zum Ausprobieren, zusammen mit dem ausführliches Skript zur Anleitung von Mitgefühls-Meditationen.
Strukturierte Anleitung für Mitgefühl-Meditationen
- Suche dir einen ruhigen Platz, an dem du verweilen kannst. Am besten setzt du dich in eine dir angenehme Meditationshaltung mit geradem, aber entspannten Rücken. Du kannst dich aber auch auf einen Stuhl setzen oder dich hinlegen. Bei letzterem sollte man allerdings ein Gefühl der Schläfrigkeit vermeiden!
- Beobachte deinen Atem. Den Atem zu beobachten hilft, in eine entspannte, aber wache Präsenz zu gelangen. Dabei werden natürlicherweise viele Gedanken entstehen und vergehen. Weder verfolgst du deine Gedanken noch ignorierst du sie. Du beobachtest die Gedanken einfach. Sobald du merkst, dass du stark abgelenkt bist, kehre einfach zum Atem zurück. Gib dir für diesen ersten Teil genug Zeit, damit du wirklich zur Ruhe kommen kannst, aber mindestens 1-2 Minuten.
- Schenke dir selbst Mitgefühl. Nun wendest du deine Aufmerksamkeit auf dich selbst. Du willst ebenso wie alle anderen Menschen glücklich und zufrieden sein und frei sein von Leid – und das kannst und darfst du auch. Erlaube dir, glücklich zu sein. Wenn du magst, kannst du dir ein leichtes Lächeln auf die Lippen zaubern. Genieße deine eigene aufmerksame Zuwendung. Um diese Praxis zu erleichtern gibt es in dieser Meditation Sätze, die du dir selbst sagen kannst. Zum Beispiel:
- Möge ich glücklich sein
- Möge ich gelassen und heiter sein
- Möge ich gesund sein
- Ich bin zufrieden und ruhig
- Ich bin voller Liebe und Mitgefühl
- …
Diese Sätze können natürlich beliebig variiert werden. Traue dich, kreativ zu werden! Solltest du Schwierigkeiten haben, mit dir selbst Mitgefühl zu üben, dann kannst du mit dem nächsten Schritt anfangen, und dir danach selbst Mitgefühl schenken.
- Schenke deinen Lieben Mitgefühl. Rufe dir das Bild deiner Nächsten vor dein inneres Auge. Stelle dir diese Person ganz genau vor: wie sie aussieht, wie sie sich verhält und ihre Stimme. Und dann nimm all das Mitgefühl, dass du aus dem vorigen Schritt gesammelt hast und schenke es dieser Person. Lächel diesem Menschen zu und wünsche ihm oder ihr von Herzen alles Gute. Stelle dir vor, wie sich dieser Mensch (oder dieses Tier!) über ihre Zuwendung freut. Wenn es dir hilft, kannst du dir auch ein helles, angenehmes und warmes Licht vorstellen. Wende die Sätze nun auf diese Person an. Auch hier sind Variationen erwünscht:
- Mögest du glücklich sein.
- Mögest du gelassen und heiter sein
- Mögest du gesund sein
- Ich wünsche dir Zufriedenheit und Ruhe
- Ich wünsche dir Liebe und Mitgefühl
- …
- Schenke neutralen Menschen Mitgefühl. Im Leben gibt es unzählige Menschen, mit denen du teils regelmäßig zu tun hast, zu denen du aber keine besondere emotionale Beziehung hast. Doch auch der oder die Kassierer*in, deine Nachbarn oder die Menschen in der Straßenbahn wollen glücklich sein und frei sein von Leiden, genauso wie du selbst. Rufe dir also einen Menschen in das Gedächtnis, dem du neutral gegenüberstehst und nimm all das Mitgefühl, dass du bis hierhin aufgebaut hast und gib es ihnen. Auch die Sätze können nun wieder angewendet werden.
- Liebe deine Feinde. Unter Umständen ist dies der schwierigste Part. Aber auch deine Widersacher, Konkurrenten und all diejenigen, die dich verletzt haben, sind bloß auf der Suche nach Glück gewesen. Gib auch ihnen soviel Mitgefühl wie es geht. Nimm dir Zeit. Du musst kein Buddha werden, aber erlaube deinem Herzen, sich so weit wie möglich zu öffnen. Alle, und besonders du selbst, werden davon profitieren.
- All deine Mitmenschen und Mitlebewesen einbeziehen. Zuletzt kannst du versuchen, dein Mitgefühl auf alle Menschen und Lebewesen in deiner Umgebung, in dem Land, das du bewohnst und auf der Erde mit einzubeziehen, inklusive dich selbst. Wünsche allen Glück, Frieden, Gesundheit, Freude, Gelassenheit, Heiterkeit und Freiheit. Welche positiven Qualitäten dir auch einfallen: sei im Geiste freigiebig mit ihnen.
- Praktiziere regelmäßig. Am besten jeden Tag. Nimm dir einmal für eine Woche jeden Tag 20 Minuten und sieh, wo das hinführt. Meditation ist ein Geistestraining und wenn du darin gut werden möchtest, musst du üben – ganz so, wie das in jeder Sportart oder jeder Kunst gilt.
Vorteile von Mitgefühl
Es gibt einige gute Gründe für Mitgefühl-Meditationen, denn Mitgefühl bringt einige psychologische, gesundheitliche und soziale Vorteile mit sich [1-3].
Psychologische Vorteile:
- Stressabbau: Mitgefühl kann helfen, stressbedingte Emotionen zu reduzieren. Empathie für andere ermöglicht es, eigene Probleme aus einer anderen Perspektive zu betrachten.
- Emotionales Wohlbefinden: Mitgefühl fördert positive Emotionen, wie Liebe und Verbundenheit, was zu einem erhöhten allgemeinen Glücksgefühl beiträgt.
- Verbesserte Beziehungen: Mitgefühl fördert zwischenmenschliche Beziehungen, da es Empathie, Verständnis und effektive Kommunikation unterstützt.
- Resilienz: Durch Mitgefühl entwickeln Menschen eine größere emotionale Widerstandsfähigkeit gegenüber den Herausforderungen des Lebens.
- Reduzierung von Negativität: Mitgefühl hilft, Gefühle wie Ärger und Ressentiments zu verringern, was zu einem friedlicheren Leben führt.
Gesundheitliche Vorteile:
- Herzgesundheit: Mitgefühl und positive soziale Verbindungen können zu einem niedrigeren Blutdruck und einem reduzierten Risiko für Herzkrankheiten beitragen.
- Längere Lebensdauer: Menschen, die regelmäßig Mitgefühl praktizieren, neigen dazu, länger zu leben [2], möglicherweise aufgrund von geringerem Stress und verbesserten sozialen Beziehungen.
- Stärkung des Immunsystems: Positive Emotionen und eine geringere Stressbelastung, die mit Mitgefühl einhergehen, können das Immunsystem stärken.
- Verbesserung des Schlafs: Mitgefühl kann dazu beitragen, die Qualität des Schlafs zu verbessern, indem es die Gedanken beruhigt und die nächtliche Entspannung fördert.
- Schmerzlinderung: Mitgefühl, insbesondere Selbstmitgefühl, kann helfen, die Wahrnehmung von Schmerzen zu reduzieren.
Gesellschaftliche Vorteile:
Mitgefühl fördert auch ein gesünderes soziales Umfeld, was wiederum positive Auswirkungen auf die individuelle Gesundheit und das psychologische Wohlbefinden haben kann. Es unterstützt die Bildung von unterstützenden Gemeinschaften und kann zu einem friedlicheren und kooperativeren gesellschaftlichen Klima beitragen.
Mitgefühl-Meditation als MP3
…auch bekannt als Metta-Meditation oder Maitri-Meditation. Hier eine Aufnahme von Marie:
Ausführliche Anleitung Mitgefühl-Meditation Wort für Wort
Willkommen zur Maitri-Meditaion.
Sie hilft dir Akzeptanz und Mitgefühl zuerst für dich selbst und im nächsten Schritt auch für andere Menschen zu entwickeln.
Wenn du dich selbst so annehmen kannst, wie du gerade bist, breitet sich Frieden in dir aus. Dieser Frieden beruhigt den Geist und löst stressbedingte Spannungen effektiv auf.
Das Entwickeln von Mitgefühl und Freundlichkeit gegenüber allen anderen fühlenden Wesen hilft positive Emotionen zu wecken und soziale Fähigkeiten zu stärken.
Du verbindest dich so direkt mit der universellen Quelle von Freude und innerem Frieden.
Suche dir einen ruhiges Plätzchen und richte dich bequem ein. Schließe deine Augen und atme erst einmal tief durch die Nase ein und langsam wieder aus. Wiederhole das noch ein paarmal und bleibe ganz aufmerksam bei deinem Atem.
Richte deine Wahrnehmung nun auf den Bereich deines Herzens. Visualisiere, wie dein gesamter Brustkorb von Licht und Wärme durchflutet wird. Dein Herz öffnet sich wie eine Knospe, hin zur Sonne und wird groß und weit. Spüre den Herzschlag in deiner Brust pulsieren und genieße deinen eigenen Rhythmus.
Spreche nun zu dir selbst:
„Möge ich glücklich sein.“
Lasse diese Worte tief in dich einsinken. Spüre alle aufkommenden Gefühle und genieße diese liebevolle Haltung dir selbst gegenüber.
Wenn du soweit bist, dann gehe weiter zum nächsten Satz:
„Möge ich mich sicher und geborgen fühlen.“
Nehme auch diesen Wunsch in dein Herz auf.
Nun formuliere deinen nächsten Wunsch:
„Möge ich gesund sein.“
Wenn du auch dieser Satz in deinem Inneren angekommen ist, dann gehe zum letzten Satz über:
„Möge ich sorgenfrei leben.“
Nimm dir die Zeit Mitgefühl für dich selbst zu entwickeln. Erst, wenn du in der Lage bist, diese Wünsche für dich selbst zu spüren, kannst du auch für andere diese liebevollen Gefühle aussenden.
Wenn du dich soweit fühlst, dann wiederhole diese Sätze für einen anderen Menschen. Am besten du beginnst mit einer Person die dir nahesteht. Stelle sie dir möglichst genau vor und lasse das innere Bild auf dich wirken. Spüre deine Wertschätzung und Zuneigung diesem Wesen gegenüber. Dann wiederhole die Sätze der Maitri-Meditation für diesen Menschen:
„Mögest du glücklich sein.“
„Mögest du dich sicher und geborgen fühlen.“
„Mögest du gesund sein.“
„Mögest du sorgenfrei leben.“
Im nächsten Schritt weitest du dein Mitgefühl auf Menschen aus, die keine starken Gefühle in dir wecken, z.B den Postboten, die Verkäuferin oder den Busfahrer. Wenn du mit Freude freundlich zu Fremden bist, dann wird dein Lächeln großzugüg zu dir zurückkommen.
Nun wiederhole also die Maitri-Meditation für eine neutrale Person:
„Mögest du glücklich sein.“
„Mögest du sicher und geborgen sein.“
„Mögest du gesund sein.“
„Mögest du unbeschwert leben.“
Die größte Herausforderung der Maitri-Meditation ist es, einer Person etwas Gutes zu wünschen, zu der du eine schwierige Beziehung hast. Stelle dir nun einen Menschen vor, mit dem du einen Streit hattest oder der dir geschadet hat. Lasse dir Zeit und taste dich langsam an ihn heran. Spüre deine Wut, deinen Wiederwillen, deinen Hass und vielleicht auch deine Angst. Lasse deine Gefühle zu.
Nun wechsle die Perspektive. Mache dir bewusst, dass auch dieser Mensch probiert, glücklich zu sein. Lasse dich von seinem Leid berühren. Vielleicht wird etwas in dir heilen und dich in die Lage versetzten zu verzeihen. Auch ein Gefühl von Neutralität ist schon ein großer Fortschritt. Verlange nicht zu viel auf einmal von dir. Praktiziere so, wie es sich für dich stimmig anfühlt. Wenn du soweit bist, dann formuliere auch für diesen schwierigen Menschen deine Wünsche:
„Mögest du glücklich sein.“
„Mögest du dich sicher und geborgen fühlen.“
„Mögest du gesund sein.“
„Mögest du sorgenfrei leben.“
Mit Hilfe der Maitri-Meditation sind wir in der Lage unsere emotionalen Beschränkungen zu überwinden und uns nicht nur mit uns selbst, sondern auch mit der ganzen Welt auszusöhnen. Stelle dir nun vor, das du ein Teil das großen Ganzen bist. Weite auch dein Mitgefühl auf die ganze Welt aus, auf alle Menschen, alle Tiere und Pflanzen, alle Welten und auf das ganze Universum. Sende deine guten Wünschen hinaus:
„Mögen alle Lebewesen glücklich sein.“
„Mögen alle frei sein von Leid.“
„Mögen wir alle sorgenfrei und in Frieden leben.“
Richte deine Aufmerksamkeit nun auf deinen Atem und komme wieder in mit deiner Aufmerksamkeit auf das Hier und Jetzt und deine Umgebung zurück.
Fazit
Mitgefühl ist ein kraftvolles Instrument für das persönliche Wohlbefinden und die soziale Harmonie. Es ist sowohl für das Individuum als auch für die Gesellschaft von großem Nutzen und kann durch bewusste Praxis in den Alltag integriert werden.
Wissenschaftliche Belege für die gesundheitlichen Vorteile von Mitgefühl
[1] Fredrickson, Barbara L., et al. „Open hearts build lives: positive emotions, induced through loving-kindness meditation, build consequential personal resources.“ Journal of personality and social psychology 95.5 (2008): 1045.
[2] Jennyfer Mascaro, The Science of Compassion, Mind & Life Institute. www.mindandlife.org/insight/the-science-of-compassion
[3] Singer, Tania, and Olga M. Klimecki. „Empathy and compassion.“ Current Biology 24.18 (2014): R875-R878.