[Anleitung] Systemisches Konsensieren: Widerstandsabfrage für effektive Gruppenentscheidungen

Systemisches Konsensieren ist eine Methode, um in einer heterogenen Gruppe zu einer möglichst inklusiven Entscheidung zu kommen. Systemisches Konsensieren besteht dabei im einfachsten Fall aus den vier Schritten:

  1. Formulierung der Fragestellung. Dazu sollten die Rahmenbedingungen genannt werden, welche unveränderlich sind und die Umsetzung beeinträchtigen oder beeinflussen.
  2. Sammeln der Optionen.
  3. Individuelle Widerstandsabfrage.
  4. Auswahl der Option mit der geringsten Widerstandssumme.

Um ganz Sicherzugehen, dass die Option mitgetragen wird, kann noch einmal nachgefragt werden: „Kann jemand nicht damit leben, die Option X auszuprobieren?“. Dies setzt die Schwelle herunter – die Option muss nicht für alle perfekt sein, es reicht, wenn sich keiner dagegen stellt.

Sollten alle Ergebnisse unbefriedigend sein, kann

  1. ein vertiefter Dialog über die Widerstände stattfinden, sodass die Parteien aufeinander eingehen und Lösungen jenseits des Widerstandes entwickeln können. Die Teilnehmenden können gefragt werden:
    Was braucht der Vorschlag, sodass er nicht so viel Widerstand in euch regt?
  2. eine Kreativitätstechnik helfen, um neue Möglichkeiten zu finden, z.B. 3 x 3 Brainstorming
  3. ein Design Thinking – Prozess initiiert werden, um das Problem gänzlich neu zu betrachten entsprechend der Bedürfnisse der Stakeholder, insbesondere mit der Stakeholder Map

Außerdem sollte im Vorfeld definiert werden, welche Option eintritt, wenn keine Einigung möglich ist, das ist die Passivlösung.

Widerstandsabfrage statt Abstimmung

Die wichtigste Innovation ist die Widerstandsabfrage, welche eine „Wer ist wofür?“ – Frage ersetzt.

Wer ist für welche Option? → Welche Option hat am wenigsten Widerstand?

Mit dieser Ersetzung umgehen wir ein paar Fallstricke der menschlichen Kommunikation und von Gruppendynamiken. Der Feind einer friedlichen effektiven Entscheidungen sind Gemütswallungen, die sich gegenseitig hochschaukeln und inszenierte Rollenspiele, die an eventuell irrelevanten Themen ausagiert werden.

Psychologische Erklärung:
Wenn Menschen in ihrer Abstimmungsrolle gezwungen werden, sich zu positionieren, entsteht ein gewisser Druck – dieser Druck sorgt dann nicht immer für eine möglichst harmonische, kühlköpfige Entscheidung, sondern für allerlei Absurditäten des menschlichen Geistes. Eine ausführliche Auflistung bietet die Übersicht Kognitive Verzerrungen, hier 2 Beispiele:

  • Escalating Commitment: „Ich habe mich einmal dafür entschieden, das musste gute Gründe gehabt haben, also sollte ich weiterhin so entscheiden, auch wenn alles dagegen spricht.“
  • Social Proof: „Die meisten meiner Kollegen sind dagegen, also sollte ich auch dagegen sein, um nicht aufzufallen.“

Beispiel Widerstandsentscheidung

Hier eine echte Beispiel-Widerstandsentscheidung zur Verwendung finanzieller Mittel:

Widerstands-Entscheidung systemisches Konsensieren

Die Widerstandsentscheidung ist die Kerntechnik des Systemischen Konsensierens. Eine weitere inklusive Form der Entscheidungsfindung ist der Konsent.

Vergleich: Widerstandsentscheidung vs. Konsent

  1. Die Widerstandsentscheidung sucht eine Option, die für alle Beteiligten akzeptabel ist. Dabei werden alle Meinungen gehört und in mögliche Optionen gesammelt. Für jede Option wird der Gesamtwiderstand ermittelt, indem jeder seinen individuellen Widerstand mitteilt. Die Option mit dem geringsten Widerstand gewinnt.
    Wann anwenden? Das systemische Konsensieren eignet sich besonders gut für komplexe Situationen, in denen verschiedene Stakeholder mit unterschiedlichen Interessen und Perspektiven involviert sind. Es ermöglicht eine Zusammenarbeit und Integration von verschiedenen Standpunkten und kann helfen, Kompromisse zu finden, die für die Gruppe akzeptabel sind. Es ist besonders nützlich, wenn das Ziel ist, eine gemeinsame Basis behalten.
  1. Konsent-Prozess: Der Konsent-Prozess ist eine Methode zur Entscheidungsfindung, die darauf abzielt, einen Konsent herzustellen, der keine ernsthaften Einwände oder Vorbehalte seitens der Gruppenmitglieder aufweist. Im Gegensatz zur einstimmigen Zustimmung bedeutet Konsent, dass eine Lösung von allen Gruppenmitgliedern als ausreichend akzeptabel angesehen wird, auch wenn sie nicht die präferierte Option für jeden Einzelnen ist. Der Konsent-Prozess beinhaltet eine strukturierte Diskussion und die Berücksichtigung von Einwänden und Bedenken.
    Wann anwenden? Der Konsent-Prozess eignet sich gut für Gruppen, die effiziente Entscheidungen treffen möchten, ohne auf eine einstimmige Zustimmung warten zu müssen. Es ist besonders nützlich in Situationen, in denen eine hohe Beteiligung und eine breite Akzeptanz wichtig sind, aber gleichzeitig Zeit und Ressourcen begrenzt sind. Der Fokus liegt darauf, ernsthafte Einwände zu berücksichtigen und Lösungen zu finden, die für die meisten Gruppenmitglieder akzeptabel sind.

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