Erfahrungsbasiertes Lernen

Der Zyklus des erfahrungsbasierten Lernens nach David Kolb [1] beschreibt einen vierstufigen Prozess: aus einer Erfahrungen soll ein Lernfortschritt ermöglicht werden. Dieser Prozess besteht aus folgenden vier Schritten:

  1. Erfahrung: Die erste Phase des Prozesses besteht darin, eine Erfahrung zu machen. Dies kann ein echtes oder simuliertes Ereignis sein, das die Lernenden aktiv und direkt erleben.
  2. Reflexion: In dieser Phase werden die Erfahrungen beobachtet und reflektiert. Die Lernenden analysieren, was während der Erfahrung passiert ist, und versuchen, ihre Gedanken und Gefühle zu verstehen.
  3. Konzeptualisierung: In dieser Phase werden die gewonnenen Erkenntnisse in konkrete Konzepte und Theorien umgesetzt. Dies ermöglicht es den Lernenden, ihre Erfahrungen in einen größeren Zusammenhang zu stellen und zu verstehen.
  4. Anwendung: In der letzten Phase werden die erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten angewendet. Die Lernenden setzen das Gelernte in der Praxis um und überprüfen, ob es wirksam ist.

Kolb betont, dass dieser Zyklus kontinuierlich ist und dass jeder Schritt in Verbindung mit den anderen steht, und dass die Lernenden flexibel zwischen den Schritten navigieren und sie je nach Bedarf wiederholen können. Dieses Vorgehen passt in die Idee des konstruktivistischen Lernens.

Auf Englisch gibt es zwei Begriffe für erfahrungsbasiertes Lernen, die im Wesentlichen das gleiche meinen: Experiential Learning und Experience-based Learning. Laut ChatGPT kann man den Unterschied folgendermaßen beschreiben: Experiential Learning und Experience-based Learning beziehen sich beide auf Lernen durch direkte Erfahrung, aber

  • Experiential Learning bezieht sich eher auf den Prozess an sich, während
  • Experience-based Learning eher auf das Ergebnis abzielt.

Ich benutze eher den Begriff Experience-based Learning im Folgenden, da er klarer und nach meiner Erfahrung gängiger ist und außerdem eine direkte Übersetzung zum deutschen Begriff bildet.

 

Methoden des erfahrungsbasiertem Lernen

  • Heldenreise ist ein Schema, welches einen erfahrungsbasierten Spannungsbogen vorgibt und sich gut auf Lernprozesse anwenden lässt. Konkret ergibt sich daraus das folgende 4-Phasen Schema
  • 4 Phasen der Experience-based Learning: Explore, Discover, Scaffolding, End-Game …mehr dazu unten im Artikel
  • Scaffolding beschreibt den Prozess, indem Kompetenz-Gerüst-Bausteine erkundet werden, und diese Bausteine je nach Fähigkeiten der Lernenden hinzugenommen oder weggelassen werden
  • Lernlog: eine beschreibung des Erfolgszustandes mit Kompetenzen und dafür sinnvollen Lern-Erfahrungen
  • Escape Games (auch: Exit Games) schlängeln einen Lernprozess durch eine Abfolge von Schwellen, die nur erreicht werden können, wenn davor ein Rätsel mit einer bestimmten Kompetenz gelöst werden konnte – so wird Lernen in eine Abfolge von Erfahrungen gegossen, ähnlich zu einer Schnitzeljagd

Im Online-Kurs Lerndesign führe ich dich Schritt-für-Schritt durch Methoden zur Erstellung eines Lernprozesses im Sinne von erfahrungsbasiertem Lernen.

 

Experience-based Learning

Experience-Based Learning wird häufig im Rahmen von Gamification eingesetzt.

Dies sind die 4 Phasen der Experience-based Learning – Kurve:

  1. Discovery: Das Thema, die Inhalte und die „Spielregeln“ können entdeckt werden.
  2. Onboarding: Die Teilnehmer überschreiten eine Schwelle in die Welt dieser Lernreise und sammeln erste Erfolgserlebnisse, während sie immer tiefer in den Lernprozess eintauchen.
  3. Scaffolding: Am Anfang gibt es viel Unterstützung beim Lösen von Problemen und Bewältigen von Aufgaben – mit der Zeit lernen sie, ihr eigenes Kompetenzgerüst zu benutzen und brauchen immer weniger Hilfe.
  4. Endgame: Teste deine Kompetenz an einer würdigen Abschlussprüfung.

Sie ist angelehnt an die Heldenreise nach Joseph Campbell. Dies ist die Kurve für erfahrungsbasierte Lernprozesse:

Erfahrungsbasierte Lernprozesse mit Gamification - experience based learning

Im Artikel zu »Lernerfolg durch Gamification« liste ich die konkreten Taktiken und Ideen auf, um die 4 Phasen richtig auszuspielen. Ich benutze es außerdem meist für die Ausgestaltung von Workshops oder Online-Kursen.

 

Vorlage für ein Lernlog

Ein Lernlog strukturiert den für den Lernprozess gewünschten Erfogszustand mit Hilfe von:

  • Kompetenzen, die die Schüler am Ende beherrschen
  • Lernschritte und Erfahrungen, die sie in dem (dadurch erfahrungsbasiertem) Lernprozess machen

Hier haben wir die Vorlage für das Lernlog exemplarisch für den Lernprozess unserer Online-Ausbildung zum Autogenem Training ausgefüllt:

Du findest es im Online-Kurs Lerndesign.

 

Inhalte, Erfahrungen, Kompetenzen

KriteriumLerninhalteKompetenzenErfahrungen
DefinitionSpezifische Themen, Lehrstoff oder Wissensbereich, konkrete Modelle, Methoden, Ideen, Begriffe & KonzepteFähigkeiten und Fertigkeiten,Persönlich erlebte, praktische Erlebnisse
SchwerpunktTheoretisches Wissen und InformationAnwendbares Wissen und FertigkeitenPersönliche Entwicklung und Erkenntnisgewinn
Typische LehrmethodenKlassische Wissensvermittlung, Lehrbücher, VorträgePraktische Übungen, Fallstudien, SimulationenSelbsterfahrung, Experimentieren, Entdecken

✍️ Lernlog - erfahrungsorientierter Erfolgszustand - Kompetenz-Analyse Lernziel Inhalte Konzeption

 

Nordstern der Didaktik

Für mich ist erfahrungsbasiertes Lernen der Nordpolarstern der Didaktik: Wenn ich nicht weiter weiß beim Konzipieren eines Kurses, benutze ich dieses Modell. Es gibt zwar viele mögliche Wege, einen Lernprozess zu gestalten, wie ich im Artikel über die Strukturen von Lernprozessen zeige, aber letztlich entscheidet sich der Erfolg daran, ob das Angebot von den Lernenden angenommen werden kann.

Andere mögliche Fokusse wären:

  • ein Lehrplan mit Lernthemen, die abgearbeitet werden sollen,
  • eine logische Struktur im Sinne von Induktion oder Deduktion,
  • meine Interessen als Dozent / Lehrer.

Aber alle anderen Strategien haben die Gefahr, dass sie Widerstände hervorrufen, weil sie zu umständlich sind, schwer verständlich oder an den Lernbedürfnissen vorbei gehen.

 

Glossar: Durchsehen im Begriffsdschungel der Lernmodelle

Learning Experience Design (LXD) bezieht sich auf den Prozess des Entwerfens und Durchführens von Lernumgebungen, die möglichst angenehm als auch effektiv sind. Es legt einen starken Fokus auf die Verwendung von Technologie und interaktiven Elementen, um Lernende aktiv und direkt in den Lernprozess einzubeziehen.

Didaktik ist der Bereich der Bildungswissenschaft, der sich mit der systematischen Planung, Organisation und Umsetzung von Lernprozessen und Lerninhalten befasst.

Erfahrungsbasiertes Lernen bezieht sich auf den Prozess des Lernens durch direkte Erfahrung und Interaktion mit der Welt. Es zielt darauf ab, Lernende durch praktische Anwendungen zu befähigen, Wissen und Fähigkeiten zu erwerben. Dies entspricht der Idee des Lern-Konstruktivismus. Auf englisch auch: Experiential Learning als auch Experience-based Learning, siehe [2]

Konstruktivismus ist eine Lerntheorie, die besagt, dass Lernende ihr Wissen auf Grundlage ihrer Erfahrungen und Vorkenntnisse konstruieren. Konstruktivismus betont die Bedeutung von aktivem Lernen und die Rolle des Lehrers als Führer und Facilitator im Lernprozess.

Instructional Design bezieht sich auf den Prozess des Gestaltens von Lehr- und Lernmaterialien. Es beinhaltet die Anwendung von Didaktik, Lernpsychologie und Technologie, um effektive Lernprozesse und Lernumgebungen zu schaffen. In der Schule hieße dies Unterrichtsplanung.

Gamification bezieht sich auf die Anwendung von Spielelementen in nicht-spielerischen Kontexten, um Motivation und Engagement zu steigern. Durch Gamification kann eine höhere Intensität der Lernerfahrungen ermöglicht werden.

 

Quellen zu erfahrungsbasiertem Lernen

  1. David A. Kolb: Experiential learning: Experience as the source of learning and development. FT press, 2014.
  2. yukaichou.com