Wie funktioniert Hypnose?

Jeder Mensch kennt sie, doch hat sie mystische Züge…
Wie funktioniert Hypnose? Dieser Artikel gibt einen Einblick.

Entspannung im Wachzustand

Hypnose zeichnet sich durch einen tief entspannten Wachzustand aus, der es erlaubt, Informationen nicht auf der Bewusstseinsebene, sondern in Trance, mit Zugang zum Unbewussten zu verarbeiten bzw. zu verändern. Dadurch ergibt sich u. a. die Möglichkeit, erstarrte (negative) Muster aufzulösen und ein neues Selbstbewusstsein aufzubauen. Für Milton H. Erickson, ein Begründer der modernen Hypnosetherapie, ist die Hypnose

„Ein Zeitabschnitt, in dem die Begrenzungen des üblichen Bezugsrahmens und Glaubenssystems vorübergehend verändert sind, sodass man empfänglich ist für andere Muster der Assoziation und Modalitäten mentalen Funktionierens, die zu Problemlösungen führen.“ (M. H. Erickson) [1]

Hypnose im Alltag: eine ganz eigene Welt

„Ich bin gefesselt von diesem Buch, diesem Spiel, diesem Anblick“, sagen wir manchmal. Damit deuten wir auf einen Zustand, der als leichte Trance bezeichnet werden kann. Während dieser Zeit sind wir oft nicht oder erst nach mehrmaligem Zuruf ansprechbar, wir sind versunken in das, was uns fasziniert, und ignorieren Außenreize; wir sind „abwesend“ oder „ganz in unserer eigenen Welt“, heißt es dann auch. Dass Kinder – von rationaler Konditionierung noch weitgehend verschont – sich besonders intensiv und natürlich gänzlich ohne gezielte Induktion in solche von äußeren Reizüberflutungen gesicherten Räume zurückziehen, ist also nicht verwunderlich.

Es gibt also unterschiedliche Arten der Trance, die Hypnose ist – neben Meditation, Atemtechniken, durch Drogen herbeigeführte und Krankheit oder Schock ausgelöste – nur eine innerhalb des möglichen Spektrums; und selbst was Hypnotechniken betrifft, gibt es Abstufungen bezüglich der Trancetiefe und Suggestibilität: in der Selbsthypnose sind leichte bis mittlere Trancen zu erleben, während besonders suggestible Probanden durchaus auch komplett das Bewusstsein verlieren, wie z.B. in manchen Show-Hypnosen zu beobachten. Therapeutische Formen streben meist einen Tiefegrad an, der zwischen diesen Polen liegt: so tief, dass etwas neues passieren kann, aber so bewusst, dass der Klient es auch später bewusst verarbeiten kann.

Wie funktioniert Hypnose im Gehirn?

Was die neuronalen Prozesse betrifft, die hypnotischen Zuständen zugrunde liegen, tappt die Wissenschaft noch ein wenig im Dunkeln. Man kann jedoch feststellen, dass sie auf einem Modus des Gehirns beruhen, der nach bestimmten Mustern, welche von jenen des Alltagsbewusstseins abweichen, die Verarbeitung in einigen Regionen (teilweise) unterdrückt, in anderen verstärkt. Dies ist anhand von Veränderungen in der elektrischen Gehirnaktivität (EEG) belegbar, sowohl mittels fMRI (bildgebendes Magnetresonanzverfahren) [3] als auch mittels PET (Messung des Blutflusses im Gehirn) [2].

Insbesondere Bereiche, die visuelle Informationen (Okzipitallappen) und solche, die u.a. Schmerzen emotional prozessieren (vordere Gyrus cinguli), sind während einer hypnotischen Trance verstärkt aktiviert, während etwa die inferioren Parietallappen, involviert u.a. bei der Beschäftigung mit mathematischen und syntaktischen Aufgaben, verminderte Tätigkeit zeigen. Ebenso Teile der hinteren parietalen Hirnrinde, zuständig für räumliche Aufmerksamkeit, den Selbst(körper)bezug und die Relation der Körperteile zueinander und zu externen Objekten. [2]

Wie funktioniert Hypnose in der Anwendung?

Die hypnotische Anwendung ist heute eine anerkannte und bewährte Methode, die von Ärztinnen, Therapeuten und Heilpraktikern zielführend eingesetzt wird und als Fremd- oder Selbsthypnose interessante Möglichkeiten bietet für die Erforschung des Selbst und für die Persönlichkeitsentwicklung.

Angewandt werden Hypnosetechniken in zahlreichen z. T. sehr unterschiedlichen Bereichen:

  • Psychotherapie
  • bei der Behandlung von Schmerzen & Migräne,
  • für einen positiven Einfluss auf Immunfunktionen,
  • unterstützen bei Entwöhnungen von Suchtmitteln
  • als Begleitung von Gewichtsreduktion,
  • gut kombinierbar mit Coaching,
  • zur Steigerung von Kreativität und Motivation
  • zur Minderung und Prävention von Stress

Im therapeutischen Kontext sind sie nicht zuletzt deshalb gut einsetzbar, weil sie sich mit unterschiedlichen anderen Konzepten kombinieren lassen, etwa jenem der buddhistischen Lehre der Achtsamkeit [1].

Die hypnotische Anwendung erfolgt grob in drei Phasen, wovon die ersten beiden zu Entspannung und Fokus führen:

  1. Induktion & Vertiefung
  2. Trance mit der entsprechenden Intervention.
  3. Abschluss und die Rücknahme der Hypnose, auch „Auflösung“

Während der Trancephase kann über (Auto)Suggestion die vereinbarte oder beabsichtigte „Nutzung“ der Technik erfolgen, also etwa Verhaltensänderung, Entwicklung von Lösungen, Erschließen neuer Ressourcen, längerfristige Abkoppelung störender Wahrnehmungen oder Förderung physiologischer Prozesse. [1]

Quellen:

[1] www.meg-tuebingen.de
[2] Cojan, Yann et al (2009) The Brain under Self-Control: Modulation of Inhibitory and Monitoring Cortical Networks during Hypnotic Paralysis, Neuron 62 (6), DOI 10.1016/j.neuron.2009.05.021.
[3] Leizerowski, Raizy (2015) The Neurological Underpinnings of Hypnosis and its Clinical Applications. The Science Journal of the Lander College of Arts and Sciences 9 (1).

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