Die Psychologie hinter Gamification

Gamification nutzt Elemente des Spiel-Designs in Nicht-Spiel-Kontexten, um Motivation und Engagement zu steigern. Hier erläutern wir sechs psychologische Modelle, die dabei eine Rolle spielen.

Psychologische Modelle für Gamification

  1. Neurotransmitter-Design:
    1. Glückshormone Dopamin & Oxytocin erleben,
    2. Cortisol & Adrenalin vermeiden
  2. Kano-Modell:
    1. auf Begeisterungs-Faktoren optimieren
    2. Leistungs-Faktoren & Basis-Faktoren sind Voraussetzung
  3. Flow-Modell
    1. Flow als Herausforderungs-Bewältigungs-Bonus
    2. Match-Algorithmus entwickeln für Anspruch vs. Kompetenz
  4. Selbestimmungstheorie
  5. Fogg Behavior Model: B = MAT

1. Neurotransmitter-Design

Ziel: Erleben von Glückshormonen wie Dopamin und Oxytocin maximieren und Stresshormone wie Cortisol und Adrenalin minimieren.

  • Dopamin wird oft mit der Antizipation von Belohnungen in Verbindung gebracht. Gamification kann dieses Gefühl durch Ziele und Belohnungen hervorrufen.
  • Oxytocin, das Vertrauens- und Bindungshormon, kann durch soziale Interaktionen innerhalb eines Spiels erhöht werden.

Anwendung: Design von Spielen, das Belohnungen für erreichbare Ziele bietet und soziale Interaktion fördert, um positive emotionale Zustände zu erzeugen und negative zu vermeiden.

2. Kano-Modell

Ziel: Optimierung auf Begeisterungsfaktoren, während Leistungsfaktoren und Basisfaktoren als Voraussetzung dienen.

  • Begeisterungsfaktoren bieten ein überraschend positives Erlebnis, das über die grundlegenden Erwartungen hinausgeht.
  • Leistungsfaktoren sind jene Aspekte eines Produkts, die die Zufriedenheit erhöhen, wenn sie vorhanden sind, und Unzufriedenheit verursachen, wenn sie fehlen.
  • Basisfaktoren sind unbedingt notwendig, aber nicht ausreichend für hohe Zufriedenheit.

Anwendung: Entwicklung von Spielen, die nicht nur die grundlegenden Erwartungen erfüllen (Basis- und Leistungsfaktoren), sondern auch durch einzigartige Elemente (Begeisterungsfaktoren) das Engagement und die Zufriedenheit steigern.

3. Flow-Modell

Ziel: Erreichung eines Zustands von „Flow“, indem Herausforderungen und Kompetenzen der Nutzer ausbalanciert werden.

  • Flow wird erlebt, wenn Personen vollständig in einer Aufgabe aufgehen, was zu erhöhter Leistung und Zufriedenheit führt.
  • Ein Match-Algorithmus für Anspruch und Kompetenz hilft, individuelle Fähigkeiten mit den Herausforderungen abzustimmen.

Anwendung: Schaffung von Spielen, die Nutzer herausfordern, ohne sie zu überfordern, und so das Engagement und die Freude am Spiel maximieren.

4. Selbstbestimmungstheorie (SDT)

Ziel: Förderung von intrinsischer Motivation durch Erfüllung von drei grundlegenden psychologischen Bedürfnissen: Autonomie, Kompetenz, soziale Eingebundenheit.

  • Autonomie bezieht sich auf das Gefühl der Kontrolle über das eigene Handeln.
  • Kompetenz das Gefühl, in einer Tätigkeit kompetent zu sein.
  • Soziale Eingebundenheit das Bedürfnis, sich mit anderen verbunden und verstanden zu fühlen.

Anwendung: Gestaltung von Gamification-Elementen, die Autonomie durch Wahlmöglichkeiten, Kompetenz durch schrittweise Herausforderungen und soziale Eingebundenheit durch Gemeinschaftsaktivitäten unterstützen.

5. Fogg Behavior Model (FBM)

Das Fogg Behavior Model, entwickelt von BJ Fogg modelliert, wie menschliches Verhalten zustande kommt. Kern des Modells ist die Formel B = MAT, die besagt, dass ein Verhalten (Behavior) nur dann auftritt, wenn drei Elemente gleichzeitig vorhanden sind: Motivation, Ability (Fähigkeit) und Trigger (Auslöser).

Motivation

Motivation bezieht sich auf den Wunsch oder das Bedürfnis, eine Handlung auszuführen. Fogg identifiziert drei Hauptmotivatoren:

  1. Vergnügen vs. Schmerz
  2. Hoffnung vs. Furcht
  3. Soziale Akzeptanz vs. Ablehnung

Diese Motivatoren können je nach Kontext in ihrer Wirksamkeit variieren. Diese 3 Motivatoren könnte man auch ersetzen durch Bedürfnis-Modelle, z.B. die Maslow-Pyramide oder 4 Grundbedürfnisse nach Grawe oder die 3 Lernbedürfnisse der Selbstbestimmungstheorie.

Ability (Fähigkeit)

Die Fähigkeit, eine Handlung auszuführen, hängt von der Einfachheit der Aufgabe ab. Fogg betont, dass selbst bei hoher Motivation das Verhalten unwahrscheinlich ist, wenn die Fähigkeit fehlt. Faktoren, die die Fähigkeit beeinflussen, umfassen Zeit, Geld, physische Anstrengung, Gehirnzyklen (kognitive Anstrengung), soziale Abweichung und Routine.

Trigger (Auslöser)

Trigger sind Signale, die zum Handeln auffordern. Sie sind entscheidend, um das gewünschte Verhalten auszulösen. Fogg unterscheidet zwischen drei Arten von Triggern:

  1. Spark: Motiviert Personen mit geringer Motivation.
  2. Facilitator: Macht es Personen mit geringer Fähigkeit einfacher, zu handeln.
  3. Signal: Erinnert Personen, die motiviert sind und die Fähigkeit haben, zu handeln.

Weitere Anwendung des Fogg Behavior Models

Das FBM findet breite Anwendung in Design, Marketing, Gesundheitswesen und Produktentwicklung. Durch das Verständnis und die Anwendung der drei Kernkomponenten können Produkte und Systeme gestaltet werden, die das gewünschte Verhalten fördern. Beispielsweise kann eine Gesundheits-App (Trigger) so gestaltet werden, dass sie Benutzer durch einfache Übungen (Ability) motiviert (Motivation), um ihre Fitnessziele zu erreichen.

Außerdem nützt das Fogg Modell zur Unterscheidung von Gamification und Nudging: bei Gamification gibt es bereits eine Motivation, bei Nudging soll eine bestimmte Entscheidungsmotivation erzeugt werden.

 

 

Weitere Modelle für Gamification:

  1. Strategie: Gamification-Pyramide
    Sei gewarnt, es erfordert ggf. sehr viel Aufwand, einfache Tätigkeiten zu gamifizieren.

 

2. Oktalysis Framework

Entwickelt von Yu-kai Chou, basiert dieses Modell auf 8 Kernantrieben menschlichen Verhaltens, die in einem Gamification-Kontext genutzt werden können:

  • Epic Meaning & Calling
  • Development & Accomplishment
  • Empowerment of Creativity & Feedback
  • Ownership & Possession
  • Social Influence & Relatedness
  • Scarcity & Impatience
  • Unpredictability & Curiosity
  • Loss & Avoidance

Dieses Framework hilft, Gamification-Elemente so zu gestalten, dass sie intrinsische und extrinsische Motivationen ansprechen.

3. Die Theorie der intrinsischen Motivation

Diese Theorie, eng verbunden mit der Selbstbestimmungstheorie, fokussiert auf die Bedeutung der intrinsischen Motivation – die Ausführung einer Aktivität um ihrer selbst willen. Sie betont die Rolle von Autonomie, Meisterschaft und Zweck bei der Förderung der Motivation.

4. Die Endowed Progress Effekt

Dieses Konzept zeigt auf, wie das Gefühl des Fortschritts in einer Aufgabe die Motivation zur Fertigstellung erhöhen kann. Indem Nutzern ein anfänglicher „Fortschritt“ geschenkt wird, erhöht sich ihre Wahrscheinlichkeit, eine Aufgabe zu vollenden.

5. Die Commitment and Consistency Theorie

Basierend auf Robert Cialdinis Prinzipien der Überzeugung, besagt diese Theorie, dass Menschen dazu neigen, mit früheren Entscheidungen konsistent zu bleiben. In Gamification-Kontexten können kleine, anfängliche Commitments genutzt werden, um Nutzer zu weiteren Aktionen zu motivieren.

6. Die Zeigarnik-Effekt

Die Zeigarnik-Effekt beschreibt das Phänomen, dass unvollendete oder unterbrochene Aufgaben besser im Gedächtnis bleiben als vollendete. In der Gamification kann dies genutzt werden, um Nutzer zur Rückkehr und Fortführung von Aktivitäten zu bewegen.

7. Die Goal-Gradient-Hypothese

Diese Hypothese besagt, dass die Motivation einer Person, ein Ziel zu erreichen, umso größer ist, je näher sie dem Ziel kommt. Dies kann in Gamification-Designs durch Belohnungssysteme und Fortschrittsanzeigen umgesetzt werden, um Engagement und Durchhaltevermögen zu fördern.