[Anleitung] Selbstorganisation im Team in 6 Schritten

Selbstorganisation hat in den letzten Jahren viel Aufmerksamkeit erregt und wird von vielen als die Antwort auf die Herausforderungen der modernen Arbeitswelt gefeiert. Doch wie bei jedem Ansatz gibt es auch hier Vor- und Nachteile. Werfen wir einen Blick auf die wichtigsten Aspekte.

Vorteile der Selbstorganisation

1. Flexibilität: Selbstorganisation ermöglicht es Teams, flexibel auf Veränderungen zu reagieren und sich an neue Gegebenheiten anzupassen. Es erlaubt den Mitarbeitern, ihre Arbeit selbst zu organisieren und Entscheidungen zu treffen, ohne ständig auf eine hierarchische Struktur angewiesen zu sein.

2. Kreativität und Innovation: Selbstorganisierte Teams haben oft mehr Freiheit, neue Ideen zu entwickeln und innovative Lösungen zu finden. Durch den Wegfall starrer Hierarchien können kreative Köpfe ihr volles Potenzial entfalten und neue Wege beschreiten.

3. Motivation und Engagement: Selbstorganisation kann das Engagement der Mitarbeiter steigern, da sie mehr Verantwortung für ihre Arbeit übernehmen und sich aktiv in Entscheidungsprozesse einbringen können. Dies führt zu einer höheren Motivation und einem stärkeren Gefühl der Zugehörigkeit zum Team.

Nachteile der Selbstorganisation

1. Koordination und Zusammenarbeit: Selbstorganisierte Teams können Schwierigkeiten haben, ihre Aktivitäten effektiv zu koordinieren und reibungslos zusammenzuarbeiten. Ohne klare Strukturen und Rollendefinitionen kann es zu Konflikten, Überlappungen oder mangelnder Abstimmung kommen.

2. Mangelnde Richtung und Führung: Ohne eine klare Führungsperson oder Hierarchie kann es schwierig sein, eine gemeinsame Vision und strategische Ausrichtung aufrechtzuerhalten. Die Abwesenheit einer übergeordneten Instanz kann zu Unsicherheit führen und das Gefühl der Orientierungslosigkeit verstärken.

3. Entscheidungsfindung: Selbstorganisation erfordert eine effektive Entscheidungsfindung auf Teamebene. Dies kann zeitaufwändig sein und zu Schwierigkeiten führen, insbesondere wenn unterschiedliche Meinungen oder Interessen aufeinandertreffen. Es besteht auch die Möglichkeit, dass Entscheidungen verzögert oder gar nicht getroffen werden, wenn Konsens nicht erreicht wird.

Eigene Form der Selbstorganisation entwickeln

Im Idealfall entwickelt jede Organisation eigene konkrete Strukturen und Regeln. Das ist zwar einiges an Aufwand, aber dafür entsteht auch eine authentische Kultur und darüber eine stärkere Identifikation mit der Organisation. Anfangen sollte man immer mit der Vision. Und es ist hilfreich, sich eine Moderation zu suchen, die so einen Prozess begleiten kann, sie sollte eigene Erfahrung haben mit Selbstorganisation, aber auch eine klare Moderationserfahrung, um nicht etwa eigene Themen auf das Team zu projizieren. Sprechen Sie mich gerne an, wenn Sie an diesem Punkt stehen sollten.

 

Anleitung: Selbstorganisation einführen und leben

  1. Finde die Vision – und stimme sie mit der Gruppe ab, sodass jeder dazu beitragen und Feedback geben kann
  2. Auftrag an die Selbstorganisation formulieren: Eine kleine Organisation von 3-20 Personen kann sich gänzlich selbst organisieren. In einem großen Konzern mit vielen Hierarchien gibt es dagegen viel mehr vorgegebene Rahmenbedingungen. Formuliert einen realistischen Arbeitsauftrag an euch selbst: Was wollen wir mit Selbstorganisation erreichen? Für welche Themen, Projekte und Prozesse wollt ihr Selbstorganisation ausprobieren?
  3. Kompetenz-Aufbau: Crashkurs Selbstorganisation, indem die wichtigsten Methoden (s.u.) von allen Beteiligten erfahren, ausprobiert und gelernt werden. Mindestens den Widerstands– und Konsent-Prozess sowie GFK-Feedbackrunden sollte jede/r mitgemacht haben.
  4. Selbstorganisation implementieren, ohne Pedanterie bitte! Selbstorganisation kann anspruchsvoll und intensiv sein. Damit keine Frustration aufkommt, solltet ihr möglichst einfach anfangen, und bestehende Strukturen Stück für Stück auswechseln. Wenn ihr noch keine Strukturen habt, fangt mit dem notwendigsten an und bewahrt euch Arbeitszeit für das Wesentliche: die Wertschöpfung in Richtung Vision.
    1. Entscheidungsfähig werden: Fangt an mit den Entscheidungsprozessen, Widerstandsentscheidungen und Konsent, damit ihr arbeitstauglich bleibt. Am Anfang lieber etwas lockerer, nicht zu harte Themen, lieber einmal mehr locker lassen, sodass ein Arbeitsfluss entsteht.
    2. Rollen- und Verantwortungsverteilung: Sammelt alle für die Wertschöpfung notwendigen (!) Aufgaben und verteilt dafür Verantwortlichkeiten. Pro Verantwortung eine Person, die den Hut auf hat, keine zwei oder drei, sonst lieber mehr Sub-Aufgaben definieren und diese auch verteilen. Die Feinde sind: Verantwortungsdiffusion und Konkurrenz. Daher am Anfang nur 1 (!) Person pro Aufgabe, diese darf dann Unterstützung bekommen. Führung ist wichtig für den Erhalt der Lebendigkeit. Wenn eine Person eine klare Verantwortung hat, kann sie Führung übernehmen, das ist wesentlich …mehr zu Verantwortungsverteilung.
    3. Feedback- & Spannungskultur: Setzt einen Termin, an dem Feedback gegeben werden kann. Es sollten alle festen Personen dabei sein, ansonsten ermutigt diejenigen, die nicht da sein können, Feedback individuell zu geben und einzuholen – und gebt auch den Abwesenden individuell Feedback und holt euch welches ein. Für Feedbackprozesse in der Gruppe sollte es Moderation geben. Ansonsten fangt erstmal mit 1:1 an – und GFK-Prinzipien.
  5. Ritualisierung: Wenn ihr a, b und c gemacht habt, könnt ihr anfangen zu ritualisieren. Es sollte regelmäßig Raum geben für Entscheidungen, Neuverteilung und Nachschärfung der Verantwortlichkeiten und für Feedback, 1-2 mal pro Monat ist gut, in intensiven Phasen lieber einmal mehr, lieber mit kompetenter Moderation. Eure Selbstorganisation sollte nun sich im besten Fall selbst verbessern – falls nicht, sucht euch frühzeitig Unterstützung! Lügt euch nicht in die Tasche – wo heute sich selbst beweihräuchert wird, ist morgen Heuchelei und intensiver Konflikt. Mit der Zeit kann es sich auch mit interner Moderation bzw. klaren Abläufen einschleifen, dann sucht euch trotzdem zumindest alle 3-6 Monate Supervision.
  6. Lernen & lernen lassen – Wenn ihr über 6-12 Monate Stabilität erreicht habt – gut! Bleibt in jedem Fall im Austausch mit anderen selbstorganisierten Teams und Experten. Reflektiert ehrlich eure Stärken & Schwächen („was läuft gut? – Wo drückt der Schuh?“). Macht Design Sprints, um neue Strukturen zu entwickeln und eure Probleme zu lösen. Redet offen mit anderen darüber. Lebendigkeit braucht Stoffwechsel und Bewegung, sonst verkümmert etwas.

 

Methoden-Bausteine für die Etablierung der Selbstorganisation

Allgemeine Strategien für lebendige Selbstorganisation