Produktivität für Scanner-Persönlichkeiten

1. Was sind Scanner Persönlichkeiten eigentlich? 

Es war einmal ein Ingenieur, der eines der berühmtesten Gemälde der Welt gemalt hat,  der gleichzeitig Bildhauer und Architekt war, noch dazu Anatom, Naturphilosoph und  Mechaniker. Das klingt wie ein Märchen? Dafür reicht ein Menschenleben gar nicht aus?  

Wie wäre es damit? Ein Wissenschaftstheoretiker ist ebenso Philosoph, Naturforscher,  Logiker, Biologe, Physiker, Ethiker, Dichtungstheoretiker und Staatstheoretiker. Das kann  nicht sein? Kann es doch!  

Die beiden Herren sind uns allen wohlbekannt. Leonardo Da Vinci und Aristoteles, zwei  der berühmtesten Universalgelehrten aller Zeiten. In keiner der genannten Disziplinen  haben sie es zur absoluten Meisterschaft gebracht. Das mussten sie auch nicht. Sie haben  es auch oder gerade ohne Spezialisierung in einem Fach geschafft, die Menschheit bis in  unsere Zeit hinein zu prägen und bis heute zu inspirieren. Beide waren höchstwahrscheinlich Scanner Persönlichkeiten. Wir können sie heute nicht mehr fragen,  aber alles spricht dafür.  

Eine Scanner Persönlichkeit liebt die Vielfalt. Sie ist ihr Lebenselixier und zugleich ihre  Krux. Denn eine Scanner Persönlichkeit blüht auf, wenn sie sich mit Enthusiasmus in  neue Projekte stürzen und ihre Kreativität in immer neuen Ideen und in den  

unterschiedlichsten Bereichen entfalten kann. In einer Gesellschaft, in der erwartet wird  sich festzulegen, fühlt sich ein Scanner jedoch schnell unzulänglich.  

1.1 Definition über die Abgrenzung zur Taucher Persönlichkeit 

Den Begriff Scanner Persönlichkeit prägte die amerikanische Autorin Barbara Sher. In  Ihrem Ratgeber Refuse to Choose! definiert Sie den Begriff über die Abgrenzung zu  der (gegensätzlichen) Persönlichkeit des Tauchers. Das Buch ist mittlerweile auch auf  Deutsch unter dem Titel Du musst dich nicht entscheiden, wenn du tausend Träume  hast erschienen und ein absoluter Lesetipp für alle, die sich in der folgenden Beschreibung der Scanner Persönlichkeit wiedererkennen. Am einfachsten erklärt  sich die Scanner Persönlichkeit als Gegensatz zur Taucher Persönlichkeit. Diese tauchen, wie der Name schon verrät, besonders tief in ein Thema ein. Sie interessieren sich sehr lange (oft ihr ganzes Leben lang) für eine bestimmte Sache  und werden durch viel Hingabe und dem Wunsch jedes Detail zu erfassen zu  absoluten Meistern auf ihrem Gebiet. Die Scanner Persönlichkeit hingegen liebt die  Abwechslung. Sie hat viel zu viele Ideen, ist zu neugierig und wissbegierig, zu  begeisterungsfähig, um sich dauerhaft auf ein Gebiet, ein Hobby, eine Idee und  dergleichen festzulegen. Zudem liegen die Interessen von Scannern in den  unterschiedlichsten Bereichen, erklärt Barbara Sher: „Scanner lieben es, zu lesen und  zu schreiben, zu reparieren und Dinge zu erfinden, Projekte und Geschäftsideen zu  entwickeln, zu kochen, zu singen und perfekte Dinnerpartys zu geben“ [1]. Sher  verwendet bei ihrer Aufzählung bewusst nicht das Wort >>oder<<, denn: „Scanner  mögen nicht das eine oder das andere, sondern alles.“ [2] 

1.2 Herausforderungen einer Scanner Persönlichkeit 

Andere Bezeichnungen für Scanner sind beispielsweise: Vielbegabte, Multitalente,  Multiprofessionals, Universalgenies. Dies sind alles sehr positive Termini für Scanner.  Tatsächlich kommt eine Bezeichnung wie Universalgenie nicht von ungefähr. Die  Vielbegabung von Scanner Persönlichkeiten geht oft einher mit einer Hochbegabung  oder Hochsensibilität, jedoch nicht zwingend. 

Es gibt jedoch auch durchwegs negativ konnotierte Benennungen für Scanner, wie  etwa Hans Dampf in allen Gassen, Dilettant oder Tausendsassa. In diesen  Begrifflichkeiten spiegelt sich die Außenwahrnehmung auf Scanner Persönlichkeiten wider. Oft wirken sie auf ihre Umwelt oberflächlich, amateurhaft oder sogar faul.  Nichtscanner können sich meist gar nicht vorstellen, wie man so viele unterschiedliche Interessen haben kann, da sie selbst gar nicht in der Lage sind so  starke Begeisterung für mehr als ein oder zwei Themen zu empfinden. Nichtscanner  bilden jedoch die Mehrheit unserer Gesellschaft und so ist diese auch nach ihnen  aufgebaut. Schon in den höheren Klassen der Schule beginnt die Pflicht sich zu  spezialisieren. Danach müssen noch mehr Entscheidungen getroffen werden. Auf  welche Ausbildung legt man sich fest oder welchen Studiengang wählt man? Wo  setzt man Schwerpunkte? Auf welche Teilgebiete spezialisiert man sich? Am besten  kommt die Gesellschaft damit klar, wenn ein Lebensweg völlig geradlinig ist, der  Werdegang offenkundig. Jemand studiert Medizin und absolviert seine Ausbildung  zum Facharzt für Kinder- Jugendmedizin. Danach ist er Kinder- und Jugendarzt. Ende  der Geschichte. Damit kommt unsere Gesellschaft bestens klar, denn es bleiben  keine Fragen offen. Ein Scanner jedoch ist einfach nicht in der Lage sich festzulegen.  Dies stellt ihn vor eine große Herausforderung. Denn wenn ein Scanner glücklich und  zufrieden leben will, darf er nicht ständig versuchen sich an eine Gesellschaft der  Spezialisten anzupassen. Ein Scanner muss als erstes akzeptieren was er ist: eine  außergewöhnlich begabte Persönlichkeit.  

1.3 Bist du eine Scanner Persönlichkeit?

Bis dato gibt es keinen wissenschaftlichen Test, der zu einem hundertprozentigen  Ergebnis führen könnte. Die folgenden Fragen können jedoch einen deutlichen  Hinweis darauf geben, ob du eine Scanner Persönlichkeit bist oder nicht.  

  1. Du lernst gerne neue Dinge (zum Beispiel Jonglieren), aber sobald du es  grundlegend beherrscht, verlierst du das Interesse daran und möchtest deine Zeit  lieber anderen Dingen widmen.  
  2. Es fällt dir schwer Entscheidungen zu treffen? 
  3. Hast du dich dann doch auf etwas festgelegt, bist du unzufrieden und hast Angst,  dass die Entscheidung falsch war? 
  4. Dir fällt es leicht dich in neue Themen einzuarbeiten? 
  5. Du interessierst dich für eine Vielzahl von Themen, die in keinerlei  Zusammenhang miteinander stehen? 
  6. Du möchtest dich nicht spezialisieren, weil du dann keine Zeit hast für alles  andere, was du noch entdecken möchtest? 
  7. Du wirkst auf Mitmenschen sprunghaft? 
  8. Du hast zeitgleich viele Projekte, beendest oft aber keines davon? 
  9. Ideen zu entwickeln bringt dir mehr Freude, als sie umzusetzen? 
  10. Du hast das Gefühl der Tag ist zu kurz, für alles was du gerne machen möchtest?
  11. Du bist ein guter Autodidakt?  

Wenn du die Mehrheit dieser Fragen mit Ja beantwortet hast, ist es gut möglich, dass  du eine Scanner Persönlichkeit bist. Du solltest dem dann unbedingt weiter auf den  Grund gehen. Denn zu wissen, ob man ein Scanner ist oder nicht, ist die  Voraussetzung dafür zu wissen, was man braucht, um produktiver zu werden. Denn  Scanner haben oft unzählige angefangene Projekte, sind aber dennoch nicht  produktiv bzw. nicht so produktiv, wie sie es gerne wären. 

2. Scanner Persönlichkeiten und Produktivität 

Es gibt viele Tipps und Tricks, die einem dabei helfen können produktiver zu werden.  Etliche davon funktionieren sowohl für Scanner als auch für Nichtscanner. Aber eben  nicht alle. Scanner Persönlichkeiten ticken nun einmal in vielerlei Hinsicht anders als Nichtscanner. Entsprechend benötigen sie auch andere Strukturen, um ihre Produktivität  steigern zu können.  

2.1 Was bedeutet Produktivität?  

Wenn im Folgenden von Produktivität [4] gesprochen wird, ist die Leistungsfähigkeit einer Person gemeint, unter Berücksichtigung des Aufwandes Dienstleistungen zu erbringen  oder Produkte herzustellen. Die Leistung [5] wiederum ist definiert als eine gezielte  Handlung, die zu einem bestimmten Ergebnis beziehungsweise der Lösung einer  bestimmten Aufgabe führen soll. Daraus erschließt sich: Um produktiv sein zu können,  müssen sowohl das Ziel, als auch der Weg zum Ziel klar bestimmt sein. Wie diese  Zielsetzung konkret funktioniert, wird im Laufe dieses Artikels erörtert werden. 

2.2 Warum fällt es Scanner Persönlichkeiten oft schwer produktiv zu sein?

Scanner haben ein unglaubliches Potenzial an Leistungsfähigkeit, meist aber auch  Probleme damit diese tatsächlich in die Umsetzung zu bringen. Warum fällt es Scannern  schwer produktiv zu sein? Was hält sie zurück? [6] 

  1. Entscheidungen fallen schwer
    Um überhaupt produktiv werden zu können, muss man sich zunächst einmal auf ein  Projekt bzw. eine Aufgabe festlegen, mit der man beginnen möchte. Da fängt die  Schwierigkeit für Scanner schon an. Entscheidungen fallen Scannern schwer. Denn  wenn sie sich für eine Sache entscheiden, entscheiden sie sich gleichzeitig gegen eine  Vielzahl von anderen Dingen.
  2. Scanner sind anfälliger für Ablenkungen
    Haben Scanner dann doch mit einem Projekt begonnen, lassen sie sich leicht vom  ursprünglichen Projekt ablenken, da ein neues, faszinierendes Thema schnell ihr  Interesse erweckt.
  3. Scanner entwickeln lieber neue Ideen, als sie umzusetzen
    Die Entwicklung von immer neuen Ideen, reizt den Scanner oft mehr, als sie  tatsächlich umzusetzen. Die Umsetzung einer Idee, also das Ergebnis, ist aber der  sichtbare Teil der Leistung, über den die Produktivität gemessen wird.
  4. Vorgegebene Strukturen engen Scanner ein
    Zu feste Strukturen schaden der Produktivität von Scannern mehr, als dass sie  nützlich sind. Denn sie engen den Scanner ein, setzen ihn unter Druck und führen  eher dazu, dass der Scanner gar nichts mehr machen kann.
  5. Sie legen Projekte zu groß an
    Ein ähnliches Problem stellen zu groß angelegte Projekte dar. Scanner neigen dazu,  Projekte alleine angehen zu wollen, für die es ein ganzes Team bräuchte.  Produktentwicklung, Vertrieb, Marketing, Produktion, Buchhaltung, Finanzierung  etc..
  6. Sie haben eine viel zu lange To-Do-Liste
    To-Do-Listen von Scannern sind oft so lang, dass sich jeder von ihrem schieren  Umfang erschlagen fühlen würde. Eine To-Do-Liste, die so zusammengestellt wurde,  dass sie unmöglich abgearbeitet werden kann, ist keine Hilfe sondern ein Hindernis.

2.3 So spielst du deine Stärken als Scanner richtig aus und steigerst deine  Produktivität 

Scanner haben ein unglaubliches Potenzial großartiges für sich und ihre Mitmenschen zu leisten. Sie sind begeisterungsfähig und schaffen es auch andere  mitzureißen, sie sind in der Lage sich schnell in andere Themengebiete  einzuarbeiten, sie sind gut darin Problemlagen zu erkennen und Lösungen dafür zu  finden, sie sind kreativ und ihnen gehen die Ideen niemals aus. Das sind die besten Voraussetzungen für ein erfülltes Leben, voller Produktivität und dem Potenzial auch  anderen Menschen damit zu helfen. Wir haben uns bereits angesehen, welche  Hindernisse Scanner Persönlichkeiten im Weg stehen. Nun sehen wir uns an, wie wir  diese aus dem Weg räumen können [7]. 

a) Konkretisiere was du machen möchtest

Die scheinbar unendlichen Möglichkeiten, die dem Scanner offen stehen, führen  dazu, dass er sich oft wie gelähmt fühlt und weil er sich nicht entscheiden kann, was  er zuerst machen soll, macht er zuweilen gar nichts. Dabei wollen auch Scanner nicht  alles machen was möglich ist. Sie glauben dies oft nur, weil sie ihre Interessen nicht  konkretisiert haben. Bei diesem Problem hilft es sich die Zeit zunehmen eine Liste  mit Interessensgebieten zu erstellen. Keine To-Do-Liste! Einfach eine Liste, auf der  steht mit was du dich gerne beschäftigen möchtest. Das könnte zum Beispiel so aussehen:

  1. Ich möchte wissen, welche essbaren Wildkräuter in meiner Umgebung wachsen
  2. Ich wüsste gerne was es mit der Eulerschen Formel auf sich hat.
  3. Ich wüsste gerne mehr über den Bau von Pyramiden

Vielleicht hat die Liste am Ende 284 Punkte. Das ist viel. Aber es ist dann eben keine unbekannte und dadurch erschreckende Größe mehr. Außerdem zeigt die Liste auch, dass viele der Interessenswünsche schneller erfüllt werden können, als zunächst  vielleicht angenommen. Um zu erfahren welche essbaren Wildkräuter in der  Umgebung wachsen, benötigt man eben kein Studium der Botanik. Man kann sich  unter zu Hilfenahme des Internets oder durch ein entsprechendes Buch eine Liste mit  Wildkräutern der Region anlegen und an einem Sonntagsspaziergang nach diesen  suchen. Mission erfüllt. Nur wer sein Ziel kennt, kann auch in die Umsetzung  kommen. Sein Ziel zu kennen, ist also absolut entscheidend, um die eigene  Produktivität zu steigern.

b) Lasse Ablenkungen zu – in einem gewissen Maß

Ein Scanner liest in einer Astrophysik Zeitschrift, da er sich darüber informieren  möchte, wie Schwarze Löcher beschaffen sind. In dem Artikel gibt es eine Werbung  für eine Psychologiezeitschrift. Auf dem abgebildeten Titelbild steht die Frage: Was  ist ein Narzisst? Der Scanner möchte nun dieser Frage sofort nachgehen und geht  dafür ins www. Es kann nun sein, dass der Scanner den Artikel über Schwarze Löcher  nie zu Ende liest, sich darüber aber immer wieder ärgert. Sich aber immer länger nur  auf eine Aufgabe zu konzentrieren, fällt dem Scanner zu schwer. Er ist dafür einfach  nicht gemacht. Um produktiver zu werden, darf sich ein Scanner dennoch nicht  ständig in verschiedene Richtungen ziehen lassen. Was also tun? Ein Scanner sollte  immer etwas zu schreiben bei sich haben. Unterwegs etwa ein Ringbuch. Zu Hause  Notizzetteln oder kleine Notizbücher in jedem Raum. Wenn du mit einer Aufgabe  beschäftigt bist und dir kommt eine andere Idee, dann erlaube dir, dieser Idee kurz  nachzugehen. Unterdrückst du den Drang ihr nachzugehen, wirst du dich nicht mehr  auf das eigentliche Projekt konzentrieren können. Die Produktivität leidet. Lässt du  dich komplett auf die neue Idee ein, wirst du dein angefangenes Projekt vielleicht nie beenden. Die Lösung befindet sich also wie so oft in der Mitte. Nimm dir fünf oder  auch zehn Minuten Zeit, um deine neue Idee mit einem Titel und vielleicht zwei, drei  anderen Stichpunkten, die dir spontan dazu einfallen, zu notieren. Du brauchst dann  keine Angst mehr haben, dass du die neue Idee vergisst und kannst dich wieder auf  dein eigentliches Projekt konzentrieren.

c) Gib dir Zeit für Gedankenexperimente

Viele Scanner glauben, dass sie alle ihre Ideen umsetzen müssen. Dies liegt unter  anderem daran, wie wir erzogen werden. Wie eingangs beschrieben, ist unsere Gesellschaft nach Nichtscannern strukturiert und so hören Scanner oft: „Bring doch  lieber erstmal xy zu Ende!“ oder „Was, du hast schon wieder eine neue Idee?“.  Kindern ist es noch erlaubt jeden Tag eine andere Idee zu haben. Wenn man einen 5- Jährigen an drei aufeinander folgenden Tagen fragt, was er beruflich einmal werden  möchte, bekommt man wahrscheinlich zehn verschiedene Antworten. Und das ist  völlig in Ordnung. Niemand würde dem Kind vorwerfen sprunghaft zu sein. Als  Scanner hat man das Gefühl, dass eine Idee nur etwas wert ist, wenn sie auch  umgesetzt wurde. Aber das ist falsch. Gib dir deswegen den Raum Ideen zu  entwickeln, ohne dir den Druck zu machen, alle auch umsetzten zu müssen. Du wirst  sehen es kristallisiert sich dann ganz von selbst heraus, welche Ideen du tatsächlich  verwirklichen möchtest. Und diese wirst du dann auch verwirklichen!
Wie könnte so ein Raum für Gedankenexperimente aussehen? Am besten  funktioniert so etwas mit einem großen, unlinierten Buch. Eine Freundin hat dir  vielleicht erzählt, dass sie ihr Kind mit dem Fahrrad zum Kindergarten fahren muss.  Dem Kind ist in seinem Kindersitz langweilig und es lenkt die Mama daraufhin ab. So  ist die Mutter schon mehrmals in gefährliche Situationen im Straßenverkehr  gekommen. Du hast daraufhin die Idee ein selbstfahrendes Fahrrad zu entwickeln.  Nimm dir eine Doppelseite des Ideenbuches, versehe sie mit dem aktuellen Datum  und schreibe einfach alles auf, was dir zu der neuen Idee einfällt. Zeichne vielleicht  eine Skizze eines solchen Fahrrades oder klebe Fotos ein. Überlege was für Vorteile  ein selbstfahrendes Fahrrad hat und wer außer deiner Freundin noch daran Interesse  haben könnte. Aber mache dir keine To-Do-Liste! Noch nicht. Denn in den folgenden  Wochen und Monaten wirst du sehen, ob du immer wieder zu dieser Idee  zurückkehrst, sie detaillierter entwickelst und deine Begeisterung einfach nicht  weniger wird. Dann ist diese Idee wahrscheinlich wirklich eine, die du in die Tat  umsetzten möchtest. Vielleicht hat aber das Aufschreiben der Idee, dein Bedürfnis  eine Lösung zu finden schon befriedigt und du kehrst nie mehr zu ihr zurück. Das ist  völlig in Ordnung.

d) Auch Scanner benötigen Strukturen

Jeder von uns benötigt gewisse Strukturen, um produktiv sein zu können.  Nichtscannern, die produktiver sein möchten, rät man meistens sich immer nur einer  Aufgabe zeitgleich zu widmen, bis diese erledigt ist und dann ein neues Projekt zu  beginnen. Dies funktioniert für Nichtscanner meistens wunderbar. Bei Scannern  hingegen kann diese Vorgehensweise Panik und Druck auslösen. Wenn man aber  unzählige Projekte nebeneinander laufen hat und unstrukturiert an ihnen arbeitet, geht keines so recht voran. Das führt dazu, dass der Scanner den Projekten  überdrüssig wird und am Ende wahrscheinlich keines davon abschließt, sondern  lieber neue Projekte beginnt. Ein Teufelskreislauf! Hier kann es helfen sich zwei bis  drei Projekte auszusuchen und parallel an ihnen zu arbeiten. Zwei bis drei Projekte  sind genügend, damit es einem Scanner nicht langweilig wird, aber auch nicht zu  viele, als dass die Arbeit daran unüberschaubar wird. Die Strukturierung von  Projekten erfolgt in der Projektplanung und über To-Do-Listen.

e) Projekte sollten nicht zu groß angelegt werden

Scanner tendieren dazu ein neues Projekt viel zu groß zu planen, so dass jedes  realistische Maß verloren geht. Betrachten wir folgendes Beispiel: Ein Scanner  beschließt eine Enzyklopädie über Olympische Sportarten schreiben zu wollen. Er  plant dafür bereits 12 Bände und überlegt schon in welchen Städten seine Lesungen  stattfinden sollten und welches Pseudonym er sich geben möchte. Er setzt sich nun  an den Schreibtisch, um den ersten Satz zu schreiben, aber er kann nicht. Warum? Er  hat nur eine Stunde Zeit, dann muss er sein Kind vom Kindergarten abholen. In einer  Stunde kann man doch kein Projekt beginnen, dass einmal 12 Bände umfassen soll  oder? Besser ist es, das Ausmaß etwas realistischer zu gestalten. Man kann zunächst  einen Band planen. Hierfür überlegt man, dass man mit den Sommerspielen  beginnen möchte. Als nächste Unterteilung wählt man beispielsweise die Disziplin  Leichtathletik aus. Aus den 12 Bänden wurde nun ein Band über Leichtathletik bei  den olympischen Sommerspielen. Klingt das nicht schon viel machbarer?
In einem nächsten Schritt plant man dann von hinten nach vorne. Dies könnte etwa  so aussehen:

    1. Veröffentlichung zur Buchmesse im März
    2. Zeit, die der Verlag braucht, um die Veröffentlichung vorzubereiten: Februar,  Januar, Dezember
    3. Verlagssuche: November, Oktober
    4. Überarbeitung des Manuskripts durch ein Lektorat: September
    5. Eigene Überarbeitung des Manuskripts: August
    6. Puffer wegen Urlaubszeit: Juli
    7. Kapitel 4 und 5 schreiben: Juni, Mai
    8. Kapitel 2 und 3 schreiben: April, März
    9. Gliederung und Kapitel 1 schreiben: Februar
    10. Recherche: Januar

Diese Einteilung machst du dann auch für deine anderen ein bis zwei Projekte. Wenn  du nun eine Stunde Zeit hast, dann entscheidest du dich für das Projekt auf das du  gerade Lust hast und siehst auf deinen Plan. Du möchtest heute an deinem Buch  arbeiten und für diesen Monat steht die Recherche an. Jetzt kannst du dich eine Stunde lang auf nichts anderes konzentrieren, als auf eben diese Recherche. Und in dieser Stunde wirst du unglaublich produktiv sein, da dich nichts mehr ablenken  wird. Denk immer daran, du musst zwar wissen wohin deine Treppe dich führen soll (Kenne dein Ziel!), aber du musst nicht immer die ganze Treppe sehen. Nimm einfach die erste Stufe.  

Sollte dir eine Aufgabe noch zu groß erscheinen, dann kannst du sie einfach in noch  kleinere Aufgaben untergliedern und sie in einem Wochenplan festhalten. Nehmen  wir Aufgabe 08, die Verlagssuche, aus unserem Beispiel. Du könntest die Aufgabe  noch einmal wie folgt untergliedern: 

  1. Recherchieren welche Verlage Bücher aus meinem Genre verlegen und Liste anlegen. KW 45 
  2. Recherchieren welche Art von „Bewerbung“ der Verlag wünscht (2-seitiger  Auszug aus dem Buch, Exzerpt etc.) KW 46 
  3. Verlage alphabetisch abarbeiten. Jeden Tag drei Stück. KW 47, KW 48… 

Und wenn du trotz der Struktur, die du dir erarbeitet hast einmal die Motivation  verlierst, dann denke daran worauf du hinarbeitest. Du könntest dir, um bei unserem  Beispiel zu bleiben, vorstellen, wie es sein wird dein fertiges Buch in der Hand zu  halten, es in einem Regal in deiner Lieblingsbuchhandlung stehen zu sehen usw.  Visualisiere dein Ziel. Wir Menschen sind visuelle Geschöpfe. Vor allem Scanner!  

f) Arbeite mit einer realistischen To-Do-Liste 

To-Do-Listen sind ein unverzichtbares Hilfsmittel, um richtig produktiv sein zu  können. Egal, ob du ein Scanner oder ein Nichtscanner bist. Scanner neigen jedoch  dazu, ihre To-Do-Listen viel zu lang werden zu lassen. Wenn eine To-Do-Liste zu lange  wird, nimmt man sie nicht gerne in die Hand. Man hat das Gefühl ohnehin nie alles  schaffen zu können, was auf der Liste steht. Scanner müssen deswegen lernen ihre  Listen zu verknappen. Alles was zu täglichen Routinen gehört, braucht nicht auf die  Liste, wie zum Beispiel: Zähneputzen, Essen, die Kinder von der Schule abholen etc.  Du machst diese Dinge ohnehin. Also mach dir nicht die Mühe, deine Liste damit  künstlich zu verlängern. Auch alles was unter zwei Minuten dauert, muss nicht extra  auf die Liste geschrieben werden. Ist der Mülleimer voll? Dann bringe ihn einfach  hinaus und warte nicht darauf, dass der Punkt auf deiner Liste dran kommt. Schreibe  nur auf die Liste was wirklich wichtig oder dringend ist oder beides. Was sowohl  wichtig als auch dringend ist, gehört ganz oben auf die Liste: Zum Beispiel: Eine  Präsentation mit bald auslaufender Deadline für den Chef fertigstellen. Danach  kommen die Sachen die dringend sind, aber nicht unbedingt wichtig. Zum Beispiel  Kunden E-Mails beantworten. Zum Schluss kommen die Dinge auf die Liste, die  wichtig sind, aber nicht dringend, zum Beispiel die Planung neuer Strategien. Sollte  man die wichtigen, aber nicht dringenden Dinge nicht schaffen, kann man sie  schieben. Dinge, die weder dringend noch wichtig sind gehören auch nicht auf deine  To-Do-Liste. Zum Beispiel: Die neue Folge von xy auf Netflix schauen. Hier noch ein  kleiner extra Tipp: Beginne den Tag mit einer einfach zu erledigenden Sache. Wie  gesagt, die dringenden und wichtigen Aufgaben gehören ganz oben auf deine To-Do-

Liste. Um deinen Tag produktiv zu starten hilft es dennoch, dir eine kleine, schöne  Aufgabe auszusuchen, die schnell zu erledigen ist und die nicht viel Anstrengung  erfordert. So startet der Tag gleich mit einem positiven Erfolgserlebnis.  

2.4 Tools und Helfer, die dich als Scanner unterstützen können 

Fassen wir zum Schluss noch einmal kurz zusammen, wie du als Scanner deine  Produktivität unglaublich steigern kannst:  

  1. Konkretisiere was du machen möchtest und lege dafür eine Liste an. Diese  kannst du in deinem Ideenbuch festhalten. Besorge dir hierfür ein möglichst  großes, unliniertes Buch mit vielen Seiten. Das Buch soll dir haptisch und optisch  gut gefallen, denn du wirst es auch für deine Gedankenexperimente brauchen.  
  2. Lasse in einem gewissen Maß Ablenkungen durch neue Ideen zu, indem du diese  kurz und prägnant auf einem Notizzettel oder in einem kleinen Notizheft  festhältst. Später kannst du dies dann in dein Ideenbuch ausführlicher  übertragen. Besorge dir also mehrere einfache Notizhefte, so dass du in jedem  deiner Räume ein Heft bereit legen kannst.  
  3. Gibt dir Zeit für Gedankenexperimente. Behandle deine Ideen mit Respekt und  gib ihnen Raum sich zu entfalten. Nutze dafür ein Ideenbuch. Moleskin (aber  natürlich auch andere Marken) haben sehr schöne, hochwertige Notizbücher,  die sich gut für diesen Zweck eignen. 
  4. Auch Scanner benötigen Strukturen, um produktiv sein zu können. Um  strukturiert und produktiv arbeiten zu können, solltest du nicht mehr als zwei bis  drei Projekte gleichzeitig angehen. Damit du deine Projekte und Ziele immer vor  Augen hast, kannst du diese auf einem Wandplakat visualisieren und in deinem  Arbeitszimmer oder deinem Hobbyraum etc. aufhängen.  
  5. Lasse deine Projekte nicht unüberschaubar groß werden. Plane sie von hinten  nach vorne durch und untergliedere sie in immer kleiner werdende Aufgaben.  Diese hältst du dir dann in einem Wochenplaner fest. Schau dir hierfür einmal  den Wochenplaner von Leuchtturm 1917 an. Wenn du lieber digital arbeiten möchtest hilft dir vielleicht auch ein Online Task-Management Tool wie zum Beispiel Meistertask.
  6. Arbeite mit einer realistischen To-Do-Liste. Was auf eine To-Do-Liste gehört und  was nicht, weißt du nun ja schon. Es gibt bereits fertige, schön designte To-Do Listen-Blöcke zu erstehen. Für unterwegs hilft dir eine entsprechende To-Do Listen-App

Viel Erfolg und Freude bei all deinen Projekten! 

Gastbeitrag von Alex Schorsch, Experte für Produktivität 

 

Mehr zur Produktivität:

 

Quellenverzeichnis: 

[1] Sher, Barbara. (2012). Du musst dich nicht entscheiden, wenn du tausend Träume hast.  (10.Auflage). (S. 18). dtv. München.  

[2] Ebenda S. 18

[3] Vgl. hierzu Sher, Barbara. (2012). Du musst dich nicht entscheiden, wenn du tausend  Träume hast. (10.Auflage). (S. 15-37). dtv. München.  

[4] Vgl. hierzu „Produktivität“ beim Online-Wörterbuch Wortbedeutung.info (18.9.2021)  URL: https://www.wortbedeutung.info/Produktivität/ 

[5] Leistung“ beim Online-Wörterbuch Wortbedeutung.info (18.9.2021)  URL: https://www.wortbedeutung.info/Leistung/ 

[6] Vgl. hierzu Sher, Barbara. (2012). Du musst dich nicht entscheiden, wenn du tausend  Träume hast. (10.Auflage). (S. 38-116). dtv. München.  

[7] Vgl. hierzu ebenda (S. 38-116)