Trauma-Integration: 5 Wege der inneren Transformation

Dieser Artikel bietet eine Zusammenfassung, wie seelischem Trauma bei sich selbst und im professionellen Kontakt begegnet werden kann. Die Ansätze dafür nutzen das Wissen über die Physiologie des Nervensystems, über Lernen & Neuroplastizität. Trauma-Integration ist nicht nur etwas für Kranke, denn seelisches Trauma ist ein universelles Phänomen des Lebens. Manchmal reguliert und heilt diese Störung von alleine wieder – und manchmal bleibt sie für den Rest des Lebens in Form von wiederkehrenden negativen Gefühlen wie Angst, Ohnmacht, Einsamkeit, Stress und Scham.

Wenn du die Prinzipien und Methoden hinter Trauma-Integration kennenlernen möchtest, kannst du dich für unseren Online-Gruppenlernprozess zu »Trauma-Integration« bewerben.

Definition Trauma: seelische Verletzung

Definition: mit Trauma bezeichnen wir hier jegliche seelische Verletzung durch äußere Reize, welche die Schutzmechanismen des Organismus überfordern. Dies ist also eine weitgefasste Beschreibung und bezieht scheinbar alltägliche seelische Verletzungen mit ein. In sensiblen Momenten kann auch schon ein Wort, ein Bild, eine unangenehme Berührung oder eine nichterfüllte Erwartung verletzen und sich einprägen.
In diesem weiteren Sinne besteht ein Unterschied zur Klassifizierung nach dem ICD10 [I], welches Trauma nur Situationen zuschreibt „mit außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophenartigem Ausmaß, die bei fast jedem eine tiefe Verzweiflung hervorrufen würde“.

Begründung für die Benutzung des Begriffs im weiteren Sinne als jegliche seelische Verletzung, auch ohne katastrophenartiges Ausmaß:

  1. Es gibt keinen besseren Begriff für seelische Verletzungen und psychologische Wunden,
  2. die griechische Sprachwurzel τραύμα bedeutet schlicht Wunde,
  3. medizinisch gilt Trauma auch allgemein für jegliche körperliche Wunden ohne schwerwiegende Einwirkung,
  4. im allgemeinen Sprachgebraucht, vor allem in populärpsychologischen Kreisen, ist die Verwendung des Begriffs Trauma im weiteren Sinne geläufig,
  5. die Konsequenzen für die psychische Entwicklung sind ähnlich für den menschlichen Organismus, obgleich natürlich mit unterschiedlicher Intensität

Trauma-Merkmale

Durch die überfordernde seelische Verletzung kommt das Nervensystem aus dem Gleichgewicht: Erregung, Stress und negative Emotionen prägen sich ein und können im Alltag reaktiviert werden, getriggert. Spezifische Reize, die sich auf den ursprünglichen Auslöser des Traumas beziehen, triggern den Organismus hinein in den Erregungszustand. Die Polyvagal-Theorie erklärt die Reaktionen des Nervensystems auf die Traumatisierung (…mehr dazu). Durch die starke Erregung kann das Nervensystem in den Überlebensmodus wechseln und damit in eine der 3 Strategien: fight, flight oder freeze – kämpfen, flüchten oder erstarren. Wenn nach der Erregung sich das Nervensystem nicht natürlich entspannen kann, kann es sein, dass dieser Zustand immer wieder durch die Trigger wachgerufen wird.

Beispiel: ein Kind verliert die sichere Bindung zu den Eltern, wenn die Sicherheits-Bedürfnisse des Kinders wiederholt nicht wahrgenommen und gestillt werden oder gar abgewertet werden. Später im Leben kann es vorkommen, dass das erwachsen gewordene Kind davon ausgeht, dass seine Bedürfnisse von anderen nicht wahrgenommen werden, z.B. vom Partner und reagiert bereits im Vorfeld enttäuscht und beleidigend gegenüber dem Partner.
…mehr zu Bindungstheorie & Trauma

Trauma-Integration

Die Heilung einer seelischen Wunde kann manchmal ganz von alleine geschehen,

Der ultimative Guide zur Trauma-Integration - 5 Wege der inneren Transformationdaher bitten wir den therapeutisch ausgebildeten Leser mit Verlaub darum, diese weitgefasste Definition zum Gunsten der Nutzbarkeit der interessanten psychologischen Zusammenhänge hinzunehmen.

Denn die Zeit heilt alle Wunden
und immer wieder wächst das Gras…
und wenn nicht, bieten professionell geschulte Psychotherapeuten die adäquate Anlaufstelle.

Disclaimer: Dieser Text ist natürlich keine Behandlung für kranke Menschen, und soll schlicht das zum Thema Trauma relevante Wissen zusammenstellen und ersetzt keine medizinische Behandlung. Trauma ist nach obiger Definition ein Phänomen, welches auch viele gesunde Menschen betrifft. Hiermit sollen Ansätze zur Trauma-Integration zugänglich und verständlich gemacht werden für ein allgemein gebildetes Publikum: Lehrerinnen, Eltern, Erzieher, Führungskräfte, Personalentwickler, Coaches, nicht psychotherapeutisch arbeitende Ärzte und Psychologen… sie alle arbeiten täglich mit Menschen und stoßen an deren innere Grenzen und seelische Wunden und Sensitivitäten. Ihnen möge dieses Wissen nützen, um die Schwierigkeiten, auf die sie stoßen, besser einordnen zu können, an die entsprechende Stelle zu verweisen. Denn die Welt wäre besser, wenn mehr Menschen mit Liebe und Verständnis auf die Unsicherheiten und Verletzlichkeiten ihrer Mitmenschen reagieren könnten.

Integration oder Transformation?

Manche reden lieber von Trauma-Transformation als von Trauma-Integration, als ob sich das Schlimme zum Guten verwandeln lässt. Also nicht nur Heilung, sondern sogar noch das Nutzen des Leidens. In der Psychoanalyse nennt man das Sublimierung, meine Lieblingsbeispiele sind Herrmann Hesse, Frida Kahlo und Astrid Lindgren, die aus einem Leiden heraus den Antrieb für ihre Kunst fanden und damit berühmte Werke schufen. Trauma-Transformation klingt verlockend, ist aber in der Spiri-Bubble oft esoterischer Schwindel. Dazu zwei Punkte:

  1. Logisch betrachtet kommt zuerst eine Integration, bevor man von Trauma-Transformation sprechen kann. Wenn wir die Polyvagal-Theorie als Modell heranziehen, dann ist Trauma eine im Nervensystem gespeicherte Spannung, welches sich ausagiert und immer wieder neue Symptome erzeugen kann, solange die Spannung nicht gelöst wird. Es können aus der Spannung heraus aus positive Dinge geschehen, aber das heißt noch nicht, dass die Spannung gelöst ist.
  2. Es gibt die Gefahr des Spiritual Bypassing:  Spiritual Bypassing ist die psychologische Vermeidung von unangenehmen Emotionen und persönlichen psychischen Herausforderungen, indem stattdessen eine metaphysische Attrappe benutzt wird. Beispiel: Anstatt ernsthaft die eigenen Traumata und einen negatives Selbstwert durchzuarbeiten, flüchtet sich Hans stattdessen in eine spirituelle Beschönigung, »alles hätte einen Sinn« und »Gott wird es schon richten«.
    Anstatt an dem Aufbau eines unabhängigen, erfolgreichen Lebens zu arbeiten und dafür harte Arbeit und Demut aufzubringen, versucht die Person es lieber durch eine elegante »Manifestation des erträumten Lebens« im Sinne des Laws of Attraction. Damit ist spiritual Bypassing eine »Tendenz, spirituelle Ideen und Praktiken zu verwenden, um ungelöste emotionale Probleme, psychische Wunden und unvollendete Entwicklungsaufgaben zu umgehen oder zu vermeiden«. Der Begriff wurde von John Welwood geprägt, einem buddhistischen Lehrer und Psychotherapeuten.

Bedeutsamkeit für dich & mich: Trauma als universelles Phänomen

Dass jemand ein Psychotrauma hat, klingt nicht gut. Wer will das schon?!
Es geht hier, wie oben definiert, weniger um tragische Unfälle und Missbrauch. Im erweiterten Sinne hat fast jeder Mensch eine mehr oder weniger subtile Form von Trauma. Subtil heißt: Entwicklungs- oder Bindungstrauma – dies bedeutet, dass durch negative Erfahrungen in der Vergangenheit, insbesondere in der Kindheit, das weitere Leben und Erleben beeinträchtigt ist. Das können stinknormale Spannungen im Elternhaus sein und Unebenheiten in der Betreuung während der Kindheit. Auch kleine Störungen, die Sicherheit und Geborgenheit im Heranwachsen eines Menschleins unterbrochen haben, können langfristig zu Irritationen im seelischen Erleben führen.

Denn gesund wäre: Emotionen, Gedanken und Körperprozesse sind insgesamt im Gleichgewicht. Stress, Belastungen und Konflikte kommen und gehen. Emotionale Erregung und innere Anspannung kommt und geht. Der Sympathikus fährt die Erregung hoch, der Parasympathikus fährt die Erregung wieder runter. Das war’s. Keine weiteren Vorkommnisse.

>>Ausführliche Infos über Trauma findest du im Artikel Trauma & persönliche Entwicklung.

Bedeutsamkeit von Trauma-Transformation: Warum fast jeder Mensch in Deutschland ein direktes oder vererbtes Entwicklungstrauma abbekommt

  1. Etwa zwei Drittel der Bevölkerung erleiden prägende negative Kindheitserfahrungen [1].
  2. Außerdem wird nicht aufgelöster emotionaler Stress epigenetisch an die Nachfahren übertragen [2] – auf bis zu 4-5 Generationen.
  3. Erlebnisse aus dem Zweiten Weltkrieg, aus Flucht und Vertreibung, aus Unterdrückung, Diskriminierung, negative Erfahrungen aus der Kindheit oder Schulzeit oder in der Familie können damit bis zu 1 Jahrhundert fortgepflanzt werden.
  4. Damit können wir davon ausgehen, dass der überwiegende Teil der Menschen in Deutschland eine oder mehrere negative emotionale Prägungen abbekommen hat – egal ob durch direkte Erfahrungen (Vernachlässigung, Mobbing, Unfälle) oder durch Übertragung der negativen Emotionen durch die Eltern.

 

Reiseplanung: Ziel der Traumatherapie ist die Homöostase, das seelische Gleichgewicht

Im Idealfall eines gesunden Organismus reguliert sich das Nervensystem von alleine…

  • hochfahren, runterfahren
  • anspannen, entspannen
  • anfangen, aufhören
  • wahrnehmen, verarbeiten, handeln
  • erleben, lernen, integrieren
  • in Beziehung gehen, Liebe erfahren, Liebe fortpflanzen
  • Herausforderungen erleben und daraus lernen
  • die eigenen Bedürfnisse wahrnehmen und für die Erfüllung sorgen
  • das Leben gestalten, das Leben genießen

Mit Blick auf den Organismus und das Nervensystem des Menschen ergeben sich 3 zentrale Fähigkeiten des Organismus, sich in einem gesunden Zustand zu halten:

  1. Selbstregulation: das Nervensystem passt sich auf natürliche Weise dem Umfeld an, lernt und regeneriert sich in Ruhephasen.
  2. Körperwahrnehmung: die Signale des Körpers dienen als Orientierung für die Erfüllung der eigenen Bedürfnisse und das intuitive Fällen von Entscheidungen.
  3. Beziehungskomptetenz: im Kontakt mit anderen Menschen und Lebewesen finden Körper und Seele Sicherheit, Freude, Liebe. Durch Geben und Empfangen entstehen verlässliche Beziehungen, die beiden Seiten das Leben wertvoller machen. Emotionale Spannungen können körperlich abgebaut werden.
    >>mehr über Beziehungskompetenz

Mit Hilfe dieser Fähigkeiten hält sich das vegetative Nervensystem im Gleichgewicht, in seelischer Homöostase… wenn Spannungen aufkommen, werden sie durch die Körperwahrnehmung erkannt und besonders leicht im Kontakt zu liebevollen Mitmenschen aufgelöst.

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2 Prinzipien zur Trauma-Integration: Orientierung & Bewegung zur Beruhigung

Viele Menschen machen Sport, um sich gut zu fühlen – Bewegung ist nicht nur gesund für den Körper, sondern auch für die Psyche – denn der Organismus erfährt sich als lebendig, beweglich – selbstwirksam.

Orientierung hilft dem Organismus, sich sicher zu fühlen bzw. in Ruhe entscheiden zu können, wie er sich verhalten kann, um sich in Sicherheit zu begeben.

Um Trauma vorzubeugen oder zu lösen, hilft also die Orientierung in der Umgebung, im Raum und im sozialen Kreis. Durch Bewegung entsteht dann eine lockere Selbstwirksamkeit. Deswegen baue ich z.B. in Workshops immer am Anfang ein Bewegungsspiel ein, um soziale und physische Orientierung zu haben, das Eis zu brechen und für einen ersten Bewegungsfluss zu sorgen. …mehr zu Workshop-Facilitation

Die Trauma-Behandlungs-Methode EMDR (eye movement desensibilzation & reprocessing) sorgt mit Hilfe der Augebewegung für eine sichere Orientierung bei gleichzeitiger Exposition mit den Trauma-Symptomen – so kann das Nervensystem eine neue Sicherheit finden.

Im Militär wird dieses Prinzip in der OODA-Loopdefiniert – es erfolgt möglichst oft eine Neurorientierung, durch die dann die nächste adäquate taktische Bewegung folgt.

Agile Methoden helfen Teams & Organisationen nicht in Konflikten oder Unklarheiten zu verharren, sondern bringen Rhytmus und Bewegung in die Zusammenarbeit.

Bonobo oder Buddha? Prärationale oder transrationale Trauma-Integration

Tiere kennen weder Burn-Out noch Psychotherapie – warum auch? Tiere haben keine überarbeiteten Yuppie-Eltern, keine Lehrer mit Minderwertigkeitsgefühlen, keine narzisstischen Chefs. Sie mussten keine DDR-Ideologie erdulden und auch nicht ihren Lebenslauf optimieren.

Tiere, wie Meerschweinchen, Hunde oder Bonobo-Affen leben meistens seelisch im Gleichgewicht – weswegen sie zu so wertvollen Begleitern für den modernen Menschen sind, der im Kontakt mit den Tieren seine Entspannung findet. Tiere sind sich dieses Glücks jedoch kaum bewusst – die wenigsten schreiben Gedichte oder Glücksratgeber, malen Bilder oder verewigen ihr Glück in Graffiti.

 

Selbstreflexion, Lernen und der Weg zur Erleuchtung

Ken Wilber hat die östliche Spiritualität mit dem Streben nach Erleuchtung für viele westliche Menschen populär gemacht. Er verglich Ideen aus Yoga, Buddhismus mit westlicher Psychologie und Psychotherapie. Darin unterschied er u.a. das prärationale, rationale und transrationale Bewusstsein:

  • prärational sind wir als Kinder auf dem Bewusstseinslevel der meisten Säugetiere: Reize kommen und gehen, wir erleben unsere Umwelt als großes Wunder und Schauspiel und hinterfragen nicht die Natur der Dinge.
  • rational versuchen wir als erwachsene Menschen Entscheidungen nach Prinzipien und Lehren zu fällen, reflektieren unser Erleben und lernen als moderner Mensch in einer modernen Welt zu leben.
  • transrational erleben wir uns als Teil eines großen Ganzen, als menschliches Lebewesen in einer großen Gesellschaft, die gemeinsam lebt und ihre Umwelt gestaltet. Der Mensch ist Teil der Natur, des Universums und entwickelt eine Persönlichkeit im Dialog mit der Welt, in der er lebt.

Prärational verarbeiten wir Trauma wie Tiere: nach einem Schock schüttelt sich der Organismus, um sich von Spannungen zu befreien und findet Frieden in der liebevollen Sicherheit seines Stammes.

Transrational gehen wir durch das Trauma in Richtung Erleuchtung, indem wir uns durch die Leiden des Lebens arbeiten und dabei in Verbindung mit der Natur und der Gesellschaft bleiben. Wir lernen, in negativen Erfahrungen Weisheit zu finden, um dadurch uns selbst und anderen Menschen Orientierung zu bieten in der Bewältigung von Lebensaufgaben. So können wir abgespaltene Gefühle integrieren.

 

5 Strategien zur erfolgreichen Trauma-Integration

  1. Loslassen. Der Weg der Natur: die Biologie arbeiten lassen
  2. Das Richtige tun, immer wieder. Der Weg der Verhaltenstherapie
  3. Der Weg des Buddha: Durchbrich den Kreislauf mit Hilfe von Achtsamkeit für Körper, Geist & Gefühle
  4. Erkenntnis gewinnen, den Geist klären. Trauma-Integration über den Weg der Tiefenpychologie
  5. Selbstregulation lernen: Der Weg der Körpertraumatherapie über eine gute therapeutische Beziehung

1. Loslassen. Der Weg der Natur: die Biologie arbeiten lassen

Heile, heile Segen
Drei Tage Regen
Drei Tage Schnee
Dann tut es nicht mehr weh

Dein menschlicher Körper ist ein Wunderwerk der Natur. Du bist ein Säugetier mit Reflexen – deine Reflexe sorgen für Fortpflanzung, Schlaf, Kampfmodus, emotionale Reaktionen…

Trauma geht einher mit einem aktivierten Sympathikus, körperlicher Erregung mit muskulären Anspannungen, Adrenalin, Cortisol, Angst, erhöhtem Puls und Atemrhytmus.

Der Parasympathikus fährt die Erregung wieder herunter… entspannte Gliedmaßen, ruhiger gleichmäßiger Atem, ein kühler Kopf, der den Körper und die eigenen Bedürfnisse bewusst wahrnehmen kann.

Trauma-Integration durch den Weg der Natur:

  • Verbringe Zeit in der Natur,
  • genieße die Vielfalt der Lebensformen & Verhaltensweisen der Natur
  • suche Zeiten der Ruhe & Regeneration.
  • Achtsame Bewegung (Joggen, Wandern, Fahrradfahren, Qi Gong, Klettern, Schwimmen, Ski fahren)
  • Liebevoll in Kontakt gehen… zu Menschen, Tieren und Pflanzen
  • Kultiviere: achtsames Essen,
  • liebevolle Affirmationen, schöne Bilder,
  • Dankbarkeit, schöne Erinnerungen,
  • herzliche, kontaktfreudige Menschen,
  • körperliche Selbstfürsorge,
  • Emotionen authentisch ausdrücken ohne sich selbst oder andere zu verletzen.

2. Das Richtige tun, immer wieder. Der Weg der Verhaltenstherapie

Es gibt nichts Gutes, außer man tut es.

torus_trauma-teufelskreis-selbsterfüllende-prophezeihung-traumatherapie-trauma-integrationZeiten ändern sich.
Eine Zeit lang dreht sich der Geist und die Seele nur um Negativität, im besten Fall lernt es daraus, diese negativen Zustände besser zu verstehen.
Doch das Ziel jeder Therapie ist die Findung eines gesunden Zustands – Emotionen, Gedanken und Verhalten drehen sich um die gesunde Lebensführung.

Teufelskreise müssen durchbrochen werden, an welcher Stelle auch immer, so können daraus Engelskreise werden. Aus der negativen selbsterfüllenden Prophezeihung soll eine positive selbsterfüllende Prophezeihung werden: aus positiven Erlebnissen folgen positive Gefühle und positive Gedanken. Die vorhandene Gesundheit und Kreativität wird genutzt, um möglichst viele positive Erlebnisse zu ermöglichen. Irgendwann hat das Nervensystem sich darauf eingestellt, kann genießen und entspannen.

Ressourcen aufbauen

Auf eine seelische Verletzung kann das Nervensystem antworten, indem es möglichst viele positive Ressourcen aktiviert. Bei einem schwachen Organismus und einer starken Verletzung kann es zur langfristigen Störung kommen.

Je mehr Ressourcen der Organismus hat, desto Widerstandsfähiger wird er.

Möglichkeiten zur Stabiliserung sind daher alle Tätigkeiten, die positive Ressourcen aufbauen:

  • gute Beziehungen kultivieren,
  • Ausdauer-Sport,
  • Weiterbildungen,
  • Entspannungs-Techniken
  • Kreativitäts-Training
  • positive Erinnerungen wachrufen
  • neue positive Erlebnisse sammeln

Das Leben in die Hand nehmen

Da Trauma einhergeht mit Zuständen von Erstarren oder Flüchten, braucht es eine gesunde Transformation des Verhaltens. Den Kern von Verhaltenstherapie bildet Konditionierung – die Beeinflussung von Verhalten durch Belohnung und Bestrafung – damit lassen sich Gewohnheiten ändern und positive Ziele und Vorsätze umsetzen. Um ein klares Bild von deinem Zielzustand zu bekommen, schau dir die Fragen zur Visionsfindung an. Der Online-Kurs »Creative Self« bietet einen strukturierten Weg zur neuen Vision und deren Umsetzung.

Freundschaftliche oder professionelle Unterstützung kann helfen beim Lernen. Coaching ist eine relativ junge Branche, die Menschen aller Couleur hilft, sich durch Management- und Therapie-Methoden durch schwierige Situationen zu arbeiten. Stephen Covey’s 7 Prinzipien der Effektivität sind zum Klassiker geworden und große Regale in Buchhandlungen sind gefüllt mit Ratgebern und Glücksempfehlungen.

Fortgeschrittene arbeiten mit sich selbst durch Selbstcoaching, Autogenes Training oder Selbsthypnose.

Kognitive Umstrukturierung

Eine negative Erfahrung prägt sich ein, indem die verletztenden Reize verknüpft werden mit Angst und Schmerz,
zwischen Amygdala, Hippocampus und Cortex wird die Erinnerung gespeichert und mit negativen Emotionen assoziiert… (mehr zur Neurobiologie von Trauma)

Mit der Zeit können sich diese Verbindungen wieder lösen oder durch positive Assoziationen ersetzt werden.

Reappraisal ist eine wirksame Methode [3], um negative Ereignisse positiv neuzubewerten, eine Form des Reframings. Neurolinguistisches Programmieren hat einen halb-wissenschaftlichen Werkzeugkasten entwickelt, um schwierige Themen umzudeuten. Entsprechend der Sinneskanäle sollen positive Szenarien…

  • visuell hell, groß und klar imaginiert werden,
  • mit angenehmen, positiven Geräuschen
  • schönen Farben
  • angenehmen Gefühlen und Gerüchen.

Im Gegensatz dazu werden negative Szenarien schwarz-weiß, karikiert, albern, verzerrt, klein, distanziert und dumpf verwässert und möglichst stark durch die positiven ersetzt.

3. Der Weg des Buddha: Durchbrich den Kreislauf mit Hilfe von Achtsamkeit für Körper, Geist & Gefühle

Ein Orakel sagte nach seiner Geburt vorher, dass Siddharta entweder ein Weltenherrscher werde – oder aber jemand, der das Leid der Menschen erkennt und Weisheit in die Welt bringt. Siddharta entdeckte das Leiden, als er den elterlichen Palast verließ: Altern, Armut, Tod – und traf auch einen Mönch, wodurch er beschloss einen Weg aus dem Leiden zu suchen.
Den Schlüssel fand Siddharta in der Meditation und im mittleren Weg. Der mittlere Weg heißt: weder das Ausblenden des Leides und sich dem Leben ergeben, noch eine komplette Abschirmung von der Welt im Kloster.

Durch Kontakt mit der Welt, mit dem Leiden, mit den eigenen Gefühlen, Gedanken, Bedürfnissen und Beziehungen kann in der Meditation die Weisheit reifen, die Realität akzeptiert und ein gesunder Umgang gefunden werden.

Die Wirksamkeit von Achtsamkeit und Meditation für die geistige und seelische Gesundheit ist heute wissenshaftlich gut belegt [4]. Jon Kabat-Zinn entwickelte daraus das Therapie-Verfahren der Achtsamkeits-basierten Stressreduktion (MBSR, mindfulness-based stress reduction).

Meditation in kurz:

  1. such dir einen ruhigen, sicheren Ort
  2. fokussiere deine Aufmerksamkeit auf deine Atmung,
  3. wenn das klappt, auch auf deine Körpersignale,
  4. und halte die Aufmerksamkeit so gut es geht für eine bestimmte Zeit darauf (z.B. 10 Minuten)

> hier findest du den ausführlichen Artikel rund um Meditation & Achtsamkeit

Schafft es ein Mensch, sein inneres Leiden gänzlich in Achtsamkeit und Bewusstsein zu verwandelt, nähert er sich der Erleuchtung. Eine passable Landkarte dahin bietet das Spiral Dynamics – Modell.

Warum funktioniert Achtsamkeit und Meditation für die Trauma-Integration? spiral dynamics, persönliche entwicklung, trauma, therapie, coaching, hypnose, kreativität

Durch das „Einfach“-Wahrnehmen der realen biologischen Prozessen wie Atmung, Kribbeln, Druck etc. kann das Nervensystem lernen, dass es im Hier und Jetzt sicher ist, dass auch eventuelle Emotionen und ungewöhnliche Körperempfindungen zunächst einfach erstmal eben da sind, ohne dass eine akute Gefahr besteht.

Dieses Focusing erfasst die aktuellen aktiven Reize, Reaktionen und Sinne (felt sense) und kann darin lernen, eventuell abgespaltene, „verletzte“ Teile des Nervensystems wieder zu integrieren.

Eine spezielle Form der Traumatherapie ist das Somatic Experiencing [5]. Ziel ist die Anbindung der Trauma-Symptome an das bewusste, gesunde Selbst, d.h. die Integration hin zur Homöostase.

Durch Pendeln und tröpfchenweises Zufüttern (Titration) der unangenehmen Körpersignale entsteht eine neue Ganzheit und das Nervensystem kann die Fähigkeit zur Selbstregulation wiederfinden …zur ausführlichen Anleitung von Somatic Experiencing in 9 Schritten.

4. Erkenntnis gewinnen und den Geist klären. Trauma-Integration über den Weg der Tiefenpychologie

Morpheus: Neo, dies ist Deine letzte Chance. Danach gibt es kein Zurück. Schluckst Du die blaue Kapsel, ist alles aus. Du wachst in Deinem Bett auf und glaubst, was Du glauben willst. Schluckst Du die rote Kapsel, bleibst Du im Wunderland und ich führe Dich in die tiefsten Tiefen des Kaninchenbaus. Bedenke, alles was ich dir anbiete ist die Wahrheit, nicht mehr.

In dem Science-Fiction-Film Matrix wird der Hauptcharakter Neo eingeladen, die ganze Wahrheit über seine Realität zu lernen. Morpheus, der Anführer der Rebellen, fordert ihn auf, zwischen der Wahrheit, der roten Pille, und dem Leben in Betäubung und Sklaverei, der blauen Pille, zu wählen.

Mit etwas weniger Fantasie und weniger Einladung stehen viele Menschen vor der gleichen Frage: Folge ich den vorgegebenen Pfaden, betäube mich in der Gesellschaft mit Medien, Alkohol und Ablenkung – oder gehe ich den Weg der Selbstreflexion, arbeite an meinen Herausforderungen, meinen Kindheitsthemen und entfalte meine eigenen Träume.

Die Fähigkeiten für die Selbsterkenntnis zur Trauma-Integration sind:

  • kritisches Denken
  • Lernen über die Geschichte, die Gesellschaft, die Biologie des Menschen und die Naturwissenschaft
  • Reflexion über die eigene Kindheit, die Persönlichkeiten und Prägungen der Eltern und der Schulzeit
  • Analysieren der eigenen Träume, Bedürfnisse, Ängste und Sehnsüchte
  • … in Kontakt kommen mit dem eignen Unbewussten, z.B. durch Hypnose, Autogenes Training (Oberstufe), Traumdeutung, eine therapeutische Psychoanalyse
  • Psychoedukation, z.B. über Trauma, Bindungstheorie, Familie und Beziehungen

Sigmund Freud betonte den Einfluss der Eltern auf die persönliche Entwicklung, z.B. auch bzgl. Sexualität. Carl Gustav Jung skizzierte die innere Archtypen, die in uns schlummern und sich ausleben wollen. Abraham Maslow erfasste Neurosen als ein Feststecken im persönlichen Entwicklungsprozess.

Die Psychodynamisch Imaginative Traumatherapie (PITT) geht davon aus, dass die verletzten inneren Anteile vom Bewusstsein abgespalten werden (Dissoziation). Sie werden in PITT auch schon einmal aktiv in einen inneren Tresor gesperrt, damit sie zunächst nicht stören. An einem inneren sicheren Ort wird dem Klienten eine stabile Basis gegeben. Wenn der Klient sich sicher fühlt und mit stabilen Ressourcen ausgestattet ist, füttert der Therapeut die  ähnlich dem Somatic Experiencing, das Trauma-Material hinzu, z.B. über die Leinwand-Technik oder aus der Hubschrauber-Perspektive. Dies ist wiederum sehr verwandt mit Methoden aus der Hypnose-Therapie.

5. Der Weg der Körpertraumatherapie: Selbstregulation lernen über eine gute therapeutische Beziehung

Manche Kinder haben Glück – in Form von Eltern, die sich kontinuierlich um die Bedürfnisse und Gefühle des Kinders kümmern. Indem die Mutter die Bedürfnisse des Kindes stillt und die Emotionen reguliert, durch Geborgenheit, Ruhe, Wiegen, Spiegeln etc. lernt das Kind über die Zeit, sich selbst zu regulieren. Das Kind findet dadurch langfristig zu Autonomie und Unabhängigkeit und lernt, später im Leben selbst sichere Bindung eingehen und regulieren zu können, vor allem auch zu den eigenen Kindern.

Viele Menschen hatten dieses durchgängige Glück nicht und bleibt damit in Abhängigkeit von Fremdregulation… Lehrer, Führungskräfte und Psychotherapeuten übernehmen später eine Quasi-Eltern-Rolle.
Menschen, die keine erfolgreiche Selbstregulation durch die Eltern gelernt haben, verweilen oft in unangenehmen Emotionen und Spannungszuständen und hoffen auf eine erfolgreiche Entspannung, z.B. durch eine Autoritäts-Person, in Form von Anerkennung, Zuwendung… oder was auch immer sie kriegen können.

Eric Berne beschreibt diese Dynamik in der Transaktionsanalyse, nach der alle Menschen nach „Streicheleinheiten“ suchen. Und wenn sie diese nicht natürlich finden, entstehen viele merkwürdige „Spiele der Erwachsenen“.

Du brauchst jetzt nur noch das Wissen aus den obigen Ansätzen zusammenzusetzen:

Lerne, sichere gesunde & wertschätzende Bindungen einzugehen und aufrechtzuerhalten. Dafür helfenv gewaltfreie Kommunikation, Freunde, sichere therapeutische Beziehungen, der spirituelle Markt bietet Seminare rund um alle möglichen Spielformen wie Radical Honesty, Tantra oder Circling.

Aber am Ende zählt sich die sichere, liebevolle Beziehung, die Selbstregulation und die Körperwahrnehmung.

Ansätze der Körpertraumatherapie:

  • Somatic Experiencing enthält klare Vorgehensweisen …zur Anleitung Somatic Experiencing
  • NARM (neuro-affective relationship model) berücksichtigt speziell den Beziehungs-Aspekt
  • Hakomi benutzt ähnliche Prinzipien, nach meinem Verständnis etwas weniger klar strutkturiert
  • In der Tanztherapie drücken sich köperliche Symptome durch Bewegung aus
  • In aktiven Meditationen (z.B. Kundalini & Dnyamic nach Osho) tanzen, toben, schütteln sich die Menschen frei von ihren inneren Anspannungen
  • Bewegung mit Raum für Achtsamkeit sich selbst gegenüber ist im Allgemeinen eine Möglichkeit, um körperliche Spannungen abzubauen und zu integrieren, speziell z.B. in Form von Trauma-sensiblem Yoga oder Natur-Meditation
Auch interessant:
Hypnose | Trauma & Kreativität

Trauma Integration Online Kurs

Quellen

[I] The ICD-10 – Classification of Mental and Behavioural Disorders – Clinical descriptions and diagnostic guidelines.

[1] https://en.wikipedia.org/wiki/Adverse_Childhood_Experiences_Study

[2] Jawaid, Ali, Martin Roszkowski, and Isabelle M. Mansuy. „Transgenerational epigenetics of traumatic stress.“ Progress in molecular biology and translational science. Vol. 158. Academic Press, 2018. 273-298.

[3] Gross, J. J. (1998). „The emerging field of emotion regulation: An integrative review“. Review of General Psychology2 (3): 271–299. CiteSeerX 10.1.1.476.7042doi:10.1037/1089-2680.2.3.271.

[4] Shian-Ling Keng, Moria J. Smoski, Clive J. Robins: Effects of mindfulness on psychological health: A review of empirical studies. In: Clinical Psychology Review. 31 (6), 2011, S. 1041–1056

[5] Brom, D., Stokar, Y., Lawi, C., Nuriel‐Porat, V., Ziv, Y., Lerner, K., & Ross, G. (2017). Somatic experiencing for posttraumatic stress disorder: a randomized controlled outcome study. Journal of traumatic stress, 30(3), 304-312.